Bei Cover-Alben muss man üblicherweise vorsichtig sein, oft zeugen sie von Ideenarmut und kreativem Stillstand. Wer sich an Fremdmaterial bedient, hat nichts Eigenes mehr im Köcher. so der Generalverdacht. Doch von Stillstand kann bei Soap & Skin vulgo Anja Plaschg absolut nicht die Rede sein. Die Musikerin und Schauspielerin, für die das Adelsprädikat „Ausnahmekünstlerin“ verwendet werden darf, wagte sich auf ihrem neuen Album „Torso“ an hochkarätiges Fremdmaterial, an dem weniger Begabte kläglich gescheitert wären. Von Sufjan Stevens über Hans Zimmer, Lana Del Rey, Cat Power, David Bowie bis zu Velvet Underground/Lou Reed, Janis Ian und The Doors/Jim Morrison reicht der diverse Bogen an vorwiegend dunkel schillernden Pretiosen.
Einen Teil dieser Songs hat die Steirerin Anja Plaschg bereits im Sommer beim Lido Sounds in Linz gesungen, nein, zelebriert. Auf dem Gelände war es damals während dieses musikalischen Hohefestes gespenstisch still – eine absolute Ausnahme bei einem eher lärmend-süffigen Festival. Mit beinahe unerträglicher, schmerzhafter Intensität, die längst nicht mehr – wie in den Anfangsjahren – manieriert wirkt, sondern authentisch gereift, greift Plaschg auf die Songs von anderen Künstlerinnen und Künstlern zu und macht sie sich voll Respekt, aber ohne Furcht vor dem Übergroßen zu eigen.
Das Album beginnt mit Sufjan Stevens‘ „Mystery Of Love“ und leisen Pianotupfern, es folgt Hans Zimmers Soundtrack-Song „God Yu Tekem Laef Blong Mi“ und mit „Born To Lose“, verewigt vom unsterblichen Ray Charles, ein erster Höhepunkt. „Gods & Monsters“ von Lana Del Rey“, „Johnsburg, Illinois“ von Tom Waits und „Girl Loves Mi“ vom finalen David Bowie-Album „Blackstar“ sind weitere Glanzlichter auf einem Album, das zwar das Dunkle in sich trägt, aber künstlerisch in lichte Höhen emporsteigt. Musikalisch bewegt sich Plaschg zwischen sämigen Streichern und pochender Elektronik, emotional zwischen Weinen, Wut, aber auch Widerstand.
Selbst an „Stars“ von Janis Ian, unvergesslich interpretiert von Nina Simone, verglüht Plaschg nicht, Lou Reeds „Pale Blue Eyes“ wird zum Signature-Song (“Sometimes I Feel So Happy/Sometimes I Feel So Sad“), und mit Jim Morrisons Endzeit-Epos „The End“ geht es ins Finale. Und weil etwas nur dann absolut perfekt ist, wenn es eine kleine Schwachstelle hat, stellt sich die Frage, warum man „What‘s Up?“ von den 4 Non Blondes covern muss?
Soap & Skin. Torso (Play It Again Sam).