Å Øve - Üben, Üben, Üben

Die junge Trompeterin Trine (Kornelia Melsæter) steht vor einem Dilemma. Sie wurde zu einem Vorspiel in die Oper in Oslo eingeladen. Der Termin ist in wenigen Tagen. Zum einen muss sie das Stück erst einstudieren, „Üben, üben, üben“ meint ihre Lehrerin. Zum anderen muss sie die 1500 Kilometer von ihrer Heimat in den Lofoten im Norden in den Süden schaffen. Denn Trine ist Klimaaktivistin, ein Flug kommt nicht infrage. Laurens Pérol inszeniert diese Autostopper-Odyssee in seinem Langfilm-Debüt gekonnt zwischen grauem Wind und Wetter und der atemberaubenden Schönheit Norwegens. In manchen Belangen zu belehrend und unterkühlt aufgefädelt, beeindrucken die versierte Bildsprache und die traumhaften Übungssequenzen. (sg)
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Explanation for Everything

Vielschichtiges, messerscharfes Mentalitätsporträt über das gegenwärtige Ungarn: „Explanation For Everything“ von Gábor Reisz ist ein kleiner Film, der große Fragen verhandelt. Im Fokus steht Maturant Abel (Gáspár Adonyi-Walsh), der während der Prüfung ein Blackout hat und durchfliegt. Davor fragt ihn sein linksliberaler Geschichtslehrer, warum er einen Ungarn-Anstecker, das Zeichen von Orbáns Fidesz-Partei, trage. Abels Vater tratscht es weiter, die Causa landet bei der Presse, inklusive Skandal. (js)
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Ellbogen

Hazal (großartig: Newcomerin Melia Kara) hat genug von Deutschland. Genug von den Jobabsagen, von der Chancenungleichheit, die Menschen mit Migrationshintergrund am Arbeitsmarkt erleben. Die 17-Jährige kocht vor Wut, solange, bis ihr endgültig der Kragen platzt. Im Affekt begeht die Deutschtürkin eine Schreckenstat – und flüchtet nach Istanbul. Asli Özarslan verfilmt „Ellbogen“, das Debüt der kontrovers diskutierten Bestsellerautorin Fatma Aydemir, als vitales Charakterporträt, das nicht davor scheut, die Egoperspektive seiner impulsiven Hauptfigur wertfrei einzunehmen. Junges, aufregendes Kino über kulturelle Identität und der Suche nach Zugehörigkeit; unerschrocken, auf Krawall gebürstet. (pog)
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