Weithin sichtbar thront über dem Ort Traunkirchen und dem Traunsee die seit langem leer stehende Villa Pantschoulidzeff, ein grandioser (und grandios heruntergekommener)„Lost Place“, vom späteren Ringstraßenarchitekten Theophil Hansen 1850 im Auftrag einer georgisch-russischen Fürstin erbaut. Im Rahmen der Kulturhauptstadt Bad Ischl Salzkammergut 2024 ist der mürbe, fabelhafte Prachtbau derzeit einer von drei Schauplätzen der Ausstellung „Villa Karbach“, die sich als veritables Glanzstück des Programms erweist.

Anita Grazer und ihre mit japanischen Schriftzeichen beklebte Glöcklerkappe
Anita Grazer und ihre mit japanischen Schriftzeichen beklebte Glöcklerkappe © UB

Knapp 30 Kilometer jenseits der steirische-oberösterreichischen Grenze liegt Traunkirchen. Genau hier, am Westufer des Sees zwischen Buchtenidyll und begrabenen Industrieträumen, verbindet die sehenswerte Ausstellung Surreales und Skurriles zu einer Kunsttrichtung namens „Skurrealismus“. Die geht auf eine Wortschöpfung des 2018 verstorbenen Autors und Generalkünstlers Walter Pilar aus dem benachbarten Ebensee zurück – das von ihm intendierte „poetische Attentat auf unseren festgefügten und eingefahrenen Realitätsbegriff“ beschreibt demnach ein Gedankenexperiment, das letztlich auf die Auffrischung der Wirklichkeit mit den Mitteln der Kunst und des Humors abzielt.

Walter Pilars „Hochaltar“ in der Villa Pandschoulitzeff
Walter Pilars „Hochaltar“ in der Villa Pandschoulitzeff © Otto Saxinger

So jedenfalls postuliert es die Pilar gewidmete Ausstellung mit einigem Nachdruck. Ihr erklärter (aber wer weiß wie ernst gemeinter) Zweck: den Skurrealismus als eigene Kunstrichtung in die Welt zu setzen. An drei Schauplätzen haben die Kuratoren Martin Sturm und Paolo Bianchi jedenfalls ein stolze Reihe verschmitzte Kunstprojekte versammelt: etwa eine traditionelle Glöcklerkappe, von Anita Gratzer mit japanischen Buchseiten beklebt – interpretierbar als Hinweis auf die globale Verwandtschaft lokaler Bräuche, aber auch als augenzwinkernde Adaption lokalen Brauchtums im Hinblick auf asiatische Touri-Ströme. Isa Stein zeigt in der Villa Videos ihrer Projektreihe „The Heart of the Matter“, in der sie mit dem eigenen Körper Herzen in Schnee und Beton malt. Ein Vorschau auf den Sommer; da nämlich werden Kletterer in ihrem Auftrag ein Herz auf eine Felswand in Karbach malen – und der Regen soll es dann wieder abwaschen.

„Alpenglühen“ unter Tage, von Siegfried A. Fruhauf
„Alpenglühen“ unter Tage, von Siegfried A. Fruhauf © Otto Saxinger

Ebendort, in Karbach am Ostufer vis a vis von Traunkirchen, findet die Ausstellung per Bootsausflug in einen stillgelegten Kalksteinbruch ihre Fortsetzung: Da lässt Siegfried A Fruhauf in seiner Installation „Alpenglühen“ mit Hilfe von Straßenwarnlampen in einem alten Transporttunnel die Sonne unter Tage aufgehen, Thomas Feuerstein extrahiert mittlels eines (eventuell bald patentierten) künstlerischen Experiments die Farbe „Traunseeblau“ aus im See lebenden Kieselalgen. Insgesamt versammelt die unterhaltsame Schau 16 künstlerische Positionen- Sie zeigen letztlich: Die Realität ist so skurril, wie wir sie sehen wollen.

Hier wird in Thomas Feiersteins Installation „Traunseeblau“ destilliert
Hier wird in Thomas Feiersteins Installation „Traunseeblau“ destilliert © Otto Saxinger

Tanzende Wasserwerfer bei XXX XXX
Tanzende Wasserwerfer bei XXX XXX © Otto Saxinger