Golda

Gedreht wurde „Golda“ schon 2021; also lange vor dem Angriff der Hamas im vergangenen Oktober auf Israel und dem Gaza-Krieg. Dennoch wird der Film über die israelische Ministerpräsidentin Golda Meir (1898–1978) und den Jom-Kippur-Krieg 1973 wohl im Kontext des aktuellen Konflikts gesehen werden. Das Biopic rekonstruiert eine der dunkelsten Stunden Israels vor mehr als 50 Jahren. Im Oktober 1973 startete eine Allianz aus Syrien, Ägypten und Jordanien einen Überraschungsangriff auf Israel. Herbe Verluste waren zunächst die Folge. Doch der Eisernen Lady Meir gelang es, die Angreifer zurückzudrängen.

Guy Nattivs plakative Oldschool-Filmbiografie bleibt in der Erzählung zutiefst museal. Ein steter Grünstich legt sich über das Historiendrama und Relikte wie Mikrofilme, Telefone und Co.. Alle rauchen wie wild, allen voran Golda Meir – sehr zum Leidwesen ihrer Ärzte. Denn die Politikerin ist schwer krank und ihr Körper mutiert zum Staatskörper, der die Last einer Nation tragen muss. Kaum eine Szene kommt ohne das Anzünden, Ausdrücken oder das Ziehen an einer Zigarette aus. Unschwer ist die Metapher des Rauchs auf die Unklarheit der politischen Situation, die fehlende Sicht im Nebel zu erkennen. Auf wen kann sie sich verlassen? Welche Machtspielchen verfolgt US-Chefdiplomat Henry Kissinger? Die Regie kann sich auf das feinnervige Spiel von Helen Mirren verlassen, wenn sie volle Härte am Kabinettstisch zeigt und zugleich die Verletzlichkeit beim Gang durch Leichenhallen. Schade, dass ihre Mimik unter einem Berg von Schminke begraben wird. (js) ●●●○○

Besuch im Bubenland

Wie lebt es sich als Mann im südlichen Burgenland, im Bezirk Jennersdorf? Kathrin Schlösser hat sich als Teilzeit-Burgenländerin in die Tiefen der Hügel rund um die Raab gewagt. Was sich offenbart, ist ein Bild von eiserner Erziehung, ewigem Peter-Pan-Syndrom und verschrobener Männlichkeit. Männer, die den wenigen Frauen nicht treu sind. Männer, die keinen Kontakt zu ihren Kindern haben. Männer, die Potenzial gehabt hätten. Zwischen Künstlern und Nazi-Vätern entfaltet sich ein Bild von einer Welt, in der man Traditionen nachhängt, die schon längst gestorben sind. Feinfühliges Sittenbild einer Region, die sich weder rückwärts noch vorwärts entwickeln kann. (sg) ●●●●○

Late Night with the Devil

Die Late-Night-Talkshow von Jack Delroy (David Dastmalchian) ist kein Zuschauermagnet mehr: Quoten stagnieren, persönliche Tragödien haben den Moderator ins Wanken gebracht. Um der Absetzung zu entgehen, fährt der Entertainer schwere Geschütze auf. Am Halloween-Abend von 1977 verspricht er seinem Publikum eine Spezialausgabe, die es in sich hat: Wahrsager, die mit Geistern kommunizieren, Mädchen, die von Dämonen besessen sind. Sein Wort kann er halten; dumm nur, dass man sich satanische Mächte auf die Gästecouch herbeiruft. Die feine Grusel-Satire von Colin und Cameron Cairnes hat von sich reden gemacht. Mit Recht. Unberechenbare Horrorshow (pog). ●●●●○