Den Auftakt macht das Dreamteam Otessa Moshfegh, Franz Kafka und Thomas Köck: Andrea Vilter bestreitet von 20. bis 22. September den Beginn ihrer zweiten Saison als Grazer Schauspielhaus-Intendantin mit einem wuchtigen Premierentriple: Die Romanadaption „Mein Jahr der Ruhe und Entspannung“ (Premiere am 20. September), Moshfeghs Bestseller um den sozialen „Winterschlaf“ einer jungen Frau, inszeniert von Regisseurin Ewelina Marciniak, markiert den Start in eine Spielzeit, die sich das heuer formulierte inhaltliche und ästhetische Programm konsequent fortsetzt. Aus ihrer Zeit als Schauspiel-Chefin in Wiesbaden (2014-16) reaktiviert die Intendantin die Kafka-Hommage „Heimkehr“ (21. September), die sie dort mit dem designierten Volkstheater-Chef Jan Philipp Gloger erstellt hat und die besonders Kafkas oft übersehene Komik ausstellen soll. Auch ein sehr spezielles Bühnenbild wird es geben: Die Zweitbühne Schauraum wird dafür bis zum Ende des Kafka-Jahres dauerhaft umgebaut.

„Chronik der laufenden Entgleisungen“

Als veritables Großprojekt kündigt sich Thomas Köcks „Chronik der laufenden Entgleisungen“ (22. September) an: Rund 500 Seiten hat der österreichische Dramatiker für das im Superwahljahr 2024 dezidiert als „Intervention gegen den Rechtsruck“ ausgewiesene Werk verfasst, die Bühnenfassung erstellt das Grazer Schauspielhaus gemeinsam mit dem Schauspielhaus Wien und in Kooperation mit dem steirischen herbst.

Etliche der engagierten Regiepersönlichkeiten stehen für besonders bildgewaltige, ästhetisierte, choreografierte Arbeiten, das gesamte 22-köpfige Schauspielteam bleibt am Haus. Insgesamt sind im Haupthaus neun Premieren geplant, vier im Schauraum – darunter Nora Abdel-Maksouds Bestattungs-Komödie „Rabatt“, Roland Schimmelpfennigs „Iokaste“ und „Im Rückspiegel“, die erste Kooperation mit dem Grazer Planetenparty-Prinzip.

Autor Tonio Schachinger
Autor Tonio Schachinger © APA/dpa

Auf der dritten Bühne, der Konsole, wird das Kollektiv F. Wiesel (Jost von Harleßem, Janke Wilsmann) mit dem „Digithalia“-Festival und dem Projekt „Maschinengespräche“ virtuelle Theaterformen und maschinelle Autorschaften erkunden. Ins Digitale ragt auch eine Uraufführung, mit der dem Schauspielhaus ein schöner Coup gelungen ist: „Echtzeitalter“ (6. Dezember), der mit dem Deutschen Buchpreis ausgezeichneter Gamer- und Coming of Age-Roman des Wieners Tonio Schachinger, wird von Timon Jansen gemeinsam mit F.Wiesel für die Bühne adaptiert – inklusive Puppen- und Videospiel.

„Kanonverstetigung“ mit Maria Lazar

Ihren Schwerpunkt Kanonerweiterung bedienen Vilter und ihre Chefdramaturgin Anna-Sophia Güther diesmal mit der Wiederentdeckung der britischen Autorin Gith Sowerby und ihres Familienstücks „Rutherford & Sohn“ (ab 11. 1. 2025). Der Versuch der „Kanonverstetigung“, so Vilter, wird nach dem Überraschungserfolg von „Der Nebel von Dybern“ mit einem weiteren Stück von Maria Lazar  unternommen: „Die Hölle auf Erden“, einer Art Weltuntergangskomödie. „Slippery Slope“, ein satirisches „Fast-Musical“ rund um gängige Erregungsschleifen, bringt ein Wiedersehen mit Autorin Yael Ronen, Regisseur Felix Hafner und Musiker Sandy Lopicic. Rebbekka David verbindet Motive von Moliere, Shakespeare und Tschechow zur Alterskomödie „Immer noch hier“, an Klassikern werden Lessings „Minna von Barnhelm“ und mit „Lumpazivagabundus“ ein neuer Nestroy geboten.

Ausgebaut wird die Arbeit im Bereich Inklusion (per Spielclub und Erweiterung des barrierefreien Angebots). Das Sprachangebot soll um bosnische, kroatische, serbische und montenegrinische Übertitel erweitert werden.