Weniger ist oft mehr, wie Mira Lu Kovacs Donnerstagabend im kleinen Extrasaal des Grazer Orpheums demonstrierte. Tiefe Emotionen will die Liedermacherin, die neben ihrer Solo-Karriere seit 2019 als Teil des Trios „My Ugly Clementine“ die heimische Bandszene mit standhafter Girlpower aufmischt, ihrer Hörerschaft entlocken. Ohne Träne im Auge darf niemand nach Hause. Und wenn die multitalentierte Sangeslady mit feuerrotem Haarschopf ihre zarte, facettenreiche Stimme auspackt, sollte sich dieses Versprechen bald schon bewahrheiten. Zusammen mit dreiköpfiger Band vollzog man einen Seelenstriptease, der auch mal wehtun kann.

Wut macht sich breit, als ein Lied an der Reihe ist, das an jüngst geschehene Femizide erinnert; daran, wie wenig weiterhin unternommen wird, um Frauen und Mädchen vor Übergriffen zu schützen. Aus all der tiefen Traurigkeit schöpft man allerdings auch etwas Tröstendes. Das mag vielleicht daran liegen, dass Kovacs mit sympathisch chaotischem Gemüt die Grabesstimmung immer wieder auflockerte. Auf Wunsch vom Publikum wurde zum Schluss sogar ein Witz erzählt. Einer der besonders plumpen Sorte. Mit leichtem Augenzwinkern, versteht sich. Am Ende regierte aber die Musik - und die berührt in all ihrer Reduziertheit zutiefst.
Christian Pogatetz