In einem Film von David Leitch zu sitzen, bedeutet meist eine farbenfrohe, humorvolle und bis ins letzte Detail ästhetisierte Abfolge an Actionsequenzen. Hier ist nichts eine reine Materialschlacht, vielmehr erinnert seine Welt an die Grazie eines Balletts, ein Bouquet voller wilder Kracher. Nicht mit derselben Brillanz wie sein Co-Regisseur bei „John Wick“, Chad Stahelski, gesegnet, gehen die unterhaltsamen Filme „Atomic Blonde“, „Deadpool 2“, „Nobody“ oder „Bullet Train“ auf Leitchs Konto.

Nun hat der Regisseur die populäre 1980er-Serie „Ein Colt für alle Fälle“, im Originaltitel ebenfalls „The Fall Guy“, zu einem Spielfilm verarbeitet. Im Mittelpunkt stand dort schon der Hollywood-Stuntman Colt Seavers, verkörpert von Lee Majors, der mit seiner Freundin Jody (Heather Thomas) nebenbei Kriminalfälle löst. Aufmerksame Augen werden Majors auch in einer kleinen Rolle im Kinofilm entdecken, der Star ist diesmal jedoch Ryan Gosling. Sein Colt Seavers durchläuft zu Beginn des Films gleich eine existenzielle Krise, da er als Stuntman für den Actionstar Tom Ryder (Aaron Taylor-Johnson) bei einem eigentlich sehr simplen Stunt schwer verletzt wird.

In seiner Würde und seiner Berufung gekränkt, zieht Colt sich zurück und lässt sich nicht einmal von seiner Freundin Jody Moreno (Emily Blunt) helfen. Über ein Jahr später beruft ihn Ryders Agentin Gail (Hannah Waddingham) ans Set von Jodys Regiedebüt „Metalstorm“ in Sydney. Ihr Klient ist verschwunden, das Projekt steht auf der Kippe. Colt soll einerseits als Stuntman einspringen, zum anderen herausfinden, was mit Ryder passiert ist.

Katz-und-Maus-Spiel

Das nicht immer ganz runde und mit manchem Durchhänger gesegnete Katz-und-Maus-Spiel funktioniert besser als der Actionfilm „Bullet Train“, weil das Drehbuch von Drew Pearce genug feine Klinge an Humor zulässt und Leitch weniger Überstilisierung und mehr Spaß in seine Actionszenen verpackt hat. Der Film weiß um seine Absurdität und kostet diese auch voll aus. Gosling legt nach seinem Ken aus „Barbie“ nach und perfektioniert den sensiblen, witzigen, aber doch knallharten Actionhelden, eine Gallionsfigur des modernen Kawumm-Kinos. Die Chemie zwischen ihm und Blunt knistert, Waddingham begeistert als überkandidelte Agentin und Produzentin.

„The Fall Guy“ ist eine unverblümte Liebeserklärung an jene, die oft namenlos ihr Leben für die beste Unterhaltung riskieren; was kaum verwunderlich ist. Immerhin hatte Leitch selber jahrelang als Stuntman gearbeitet. Diese Bewunderung spürt man nicht nur, sie überträgt sich auch auf den Zuschauer.

Bewertung: ●●●●○