„Es war nicht die Idee, ins Schauspielfach zu wechseln, sondern neue Wege mit der Voodoo-Sache zu gehen“, erzählte Voodoo Jürgens alias David Öllerer der Kleinen Zeitung vorm Kinostart zu „Rickerl“. Seine Meinung könnte er nun ändern. Denn gleich seine erste Kinohauptrolle hat der Musiker in einen Preis umgemünzt. Gestern Abend nahm der 40-Jährige den Diagonale-Schauspielpreis in Graz entgegen. „In einem wunderbaren Ensemble entfaltet sich Voodoo Jürgens Schicht für Schicht zum Schauspieler David Öllerer, der auf feinfühlige und beeindruckende Weise die Geschichte des Rickerl aus der Wiener Vorstadt auf die große Kinoleinwand bringt, mit seinem respektvollen und leidenschaftlichen Zusammenspielen mit allen Figuren, von groß bis klein, lässt er Rickerl um sein verloren geglaubtes Leben kämpfen und erzeugt dabei eine unwiderstehliche Kraft und Nähe“, begründete die Schauspiel-Jury ihre Wahl.

Es ist eine Auszeichnung für einen sehr persönlichen Film, der auch Anleihen aus der Biografie des Sängers nimmt. Denn die Figur des Erich „Rickerl“ Bohacek basiert auf Voodoo Jürgens‘ Hit „Gitti“. Darin singt der Wienerlied-Experte: „Und jetzt loss mi anglahnt, weil der Rickerl ruft glei’ an.“ 

Mehr als 57.000 Menschen hierzulande sahen Adrian Goigingers dritten Spielfilm bislang im Kino. Es ist eine Ode an Wien, die Tschocherl, die Subkultur. Voodoo Jürgens verkörpert einen strauchelnden Beisl-Musiker, einen G‘schichtldrucker und Träumer, der mit seiner Klampfn in den Tag hineinlebt. Als er als Totengräber gefeuert wird, muss er retour zum AMS. Und dabei will er doch für seinen kleinen Sohn sorgen. Die Eckdaten dieser Biografie stammen vom Hauptdarsteller, der selbst vom Friedhof-Hackler zum Austropop-Star aufstieg. Spät. „Für mich ist es zu einem Zeitpunkt mit 32, 33 Jahren aufgegangen, wo ich eigentlich schon ziemlich am Zahnfleisch dahergekommen bin. Ich dachte mir: Wie soll ich das weitermachen?“ Hat er zum Glück. Zärtlich und verwundbar formt der Musiker im Film glaubwürdig einen Charakter. Einen, der verdrängt, sich verliert, sich zusammenreißt und wieder findet. Und er heuerte auch die meisten Musikerinnen und Musiker im Film an, arrangierte Songs neu und zeigte dem Regisseur Beisln abseits vom Postkarten-Wien.

Bei der Diagonale konnte man den Indie-Liebling auch in „Animal“ auf der großen Leinwand sehen: In Regisseurin Sofia Exarchous reflektierendem Drama über das Leben von Animateurinnen und Amateuren und die Absurdität von Massentourismus verkörpert er in einem Gastauftritt einen Touristen; sehr freizügig. Das nächste Projekt des gebürtigen Tullners ist erst einmal ein neues Album.