Sie sehen aus wie Geschwister: der rothaarige Philipp, mit zwanghaften Marotten und leicht autistischen Zügen, und die ebenfalls rothaarige Fiana, ein Mädchen aus der Ukraine. Sie sind seit der gemeinsamen Volksschulzeit ein eingeschworenes Team. Philipp ist von Anfang an fasziniert: „Ich kam mit dem Fahrrad und den zwei Paar Inlineskates zu ihrem Haus und klingelte. Sie schaute aus dem Fenster, beugte sich weit raus und schrie: Ich komme! Ich kannte keinen normalen Menschen, der so was machte. Aus einem Fenster rausbrüllen, meine ich. Das war so ein Ausländerding.“

Die lebenslustige Fiana ist das, was sich Philipp immer gewünscht hat: sein bester Freund. Und Philipp, dem das ganze Getue um Körperlichkeit und Sex auf die Nerven geht, beschützt das Mädchen, gibt ihm Sicherheit. Nach einem großen Krach verschwindet Faina aber aus seinem Leben. Und Jahre später steht sie plötzlich als verschuldete, gescheiterte Schwangere vor Philipps Tür – der sich sofort wieder um sie kümmert. Er übernimmt sogar die Vaterrolle für das noch ungeborene Kind. In einem Geburtsvorbereitungskurs erklärt Faina den anderen „die Co-Parenting-Sache und dass wir beste Freunde seit unserer Kindheit sind und dass wir uns auf eine tiefe Weise lieben. Meine Faina, denke ich und bin auf eine ganz komische Weise stolz auf sie und mich.“

Was als rührende Freundschaftsgeschichte zweier Außenseiter begonnen hat, entwickelt sich sogartig zu einer immer beklemmender werdenden toxischen Beziehung. Man ahnt es: Die beiden steuern auf eine Katastrophe zu. Lana Lux erzählt diese Geschichte einer Obsession aus der Ich-Perspektive von beiden Protagonisten. Wie sie das tut, ist rasant, voller Dialoge, die das nahende Unheil vorbereiten und doch voll psychologischem Einfühlungsvermögen für ihre Figuren. Die auf ihre Unabhängigkeit bedachte Faina lässt sich nicht domestizieren, wehrt sich dagegen, beherrscht zu werden. Und wird schließlich zum Opfer.  

 Lana Lux. Geordnete Verhältnisse. Hanser. 288 Seiten, 16,99 Euro.

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