Es ist ein bisschen wie in früheren Zeiten – Adele empfängt wieder! Natürlich nicht mehr in ihrem Salon, wie zur Jahrhundertwende, sondern als „Special Guest“ im Belvedere. Das wäre wohl ganz im Sinne der Mäzenin Adele Bloch-Bauer (1881-1925) gewesen, die das Bild „Adele Bloch-Bauer II“ von Gustav Klimt (1862–1918) schon 1919 dem Belvedere geliehen hatte. Nun ist die Vielgereiste nach einer Restaurierung bis 11. Februar wieder in Österreich zu sehen, bevor sie zurück zu jenem Privatsammler nach China kommt, der das Gemälde im Jahr 2016 um 150 Millionen Dollar von Oprah Winfrey gekauft hat.
Ursprünglich hing das Bild bei seiner Besitzerin in einem Salon am Schillerplatz – gemeinsam mit dem wohl noch berühmteren Gemälde „Adele Bloch-Bauer I“, auch „Goldene Adele“ genannt – und weiteren Klimt-Landschaften. Bekanntlich wurden die beiden Bilder mit drei weiteren Landschaftsbildern an die Bloch-Bauer-Erben restituiert. „Das muss ein prachtvoller Raum gewesen sein“, schwärmt der Kunsthistoriker Tobias G. Natter im Gespräch. Seit 30 Jahren forscht der frühere Direktor des Leopold Museums zu Gustav Klimt. In seinem neuesten Buch beschäftigt er sich nicht nur mit den Auftraggebern der berühmtesten Werke des Jugendstil-Malers, sondern vor allem mit deren Wohnräumen, die als Heimstätte für die berühmtesten Klimt-Gemälde fungierten.
Natter hat das über viele Jahre gesammelte Fotomaterial ausgewertet: „Ich habe mich gefragt: In welchem Kontext hingen die Bilder ursprünglich? Mit diesem Blick entsteht wieder eine ganz frische Perspektive auf Klimt, von dem man ja glaubt, man hätte schon alles gesehen.“ Und tatsächlich ist Gustav Klimt durch seine permanente Präsenz, nicht nur in Museumsshops, so gut ausgeleuchtet, dass man kaum noch in die Tiefe schaut. „Gustav Klimt: Interiors“, so der englischsprachige Band, eröffnet hier eine andere Perspektive in Form von intimen Einblicken. Wobei, so ganz intim wohl nicht, denn Designzeitschriften mit Wohnreportagen und nicht wenige Sammler und Mäzene präsentierten gerne, was man sich leisten konnte. Und diese Fotografien zeigen innenarchitektonische Gesamtkunstwerke: „Von der Wandgestaltung über die Stühle bis hin zum Besteck – ein Gesamtkunstwerk ganz im Sinne des Wiener Jugendstils. Das ist eine bahnbrechende Idee der Wiener Moderne und sie zeigt, dass diese Sammler der Überzeugung waren, dass Kunst etwas ist, das das Leben bereichert“, erklärt Natter.
Da wäre etwa jener fulminante Kunstraum in der Villa des Industriellen Fritz Waerndorfer, der sich für „Die Hoffnung I“ – es zeigt eine hochschwangere Frau – einen eigenen Schrank von Koloman Moser mit gläsernen Türen hat anfertigen lassen. In den Schwarz-Weiß-Aufnahmen werden die Klimt-Bilder in ihren originalen Farben hervorgehoben, das ergibt spektakuläre Einblicke in eine Welt, die längst verloren gegangen ist.