Nach 3 Minuten und 15 Sekunden sah der frühere ORF-Korrespondent Raimund Löw den Beweis gefunden: Dass der von Hanno Settele gesteuerte Trabi noch immer fahre, beweise die Resilienz des real existierenden Sozialismus. Und was ist mit dem Kommunismus? Dem Marxismus? Es gibt offenbar Rede- und Recherchebedarf.
Die Antworten suchte Hanno Settele in der „Dok 1“-Folge am Mittwoch vor allem bei jenen Menschen, die im Jahr 2023 noch davon überzeugt sind, dass der Kommunismus als politische Vision noch großes Potenzial hat. Nachgefragt wurde selbstverständlich bei der Grazer Bürgermeisterin Elke Kahr und dem Salzburger Senkrechtstarter-Gemeinderat Kay-Michael Dankl, beide KPÖ. Überraschender war da schon Setteles Besuch beim Industriellen Hans-Peter Haselsteiner, der politisch am anderen Ende der Wirtschaftspolitik anzusiedeln ist. Haselsteiner: „Jeder von uns war in der Jugend hoffentlich irgendwann einmal Kommunist. Weil so beginnt man ja, glaube ich, seine politische Einstellung.“
Bis heute an den Kommunismus glaubt die Grazer Bürgermeisterin: „Es hilft nicht, dass man modellhaft am Reißbrett etwas erfindet“, erklärt Kahr, warum die Geschichten kommunistischer Systeme mit Scheitern zu hat. Auch das kapitalisitische System ist für sie kein Erfolgsmodell: „Das jetzige System ist ja auf der ganzen Länge gescheitert“, verweist sie auf Kriege und Elend auf der Welt.
„Wir leisten ja auch unseren Obolus“
Für den nächsten Interviewgast muss das Settele-Löw-Gespann gar nicht erst in den Trabi steigen. Die Grazer ÖVP-Gemeinderätin Elisabeth Potzinger beäugt die Arbeit Kahrs und ihrer Partei wenig überraschend kritisch: Sie moniert unter anderem, dass das Geld sehr einseitig ausgeschüttet würde. Für eine Stadt sei das langfristig nachteilig. Was sagt sie dazu, dass die KPÖ-Mandatare einen Teil ihres Gehalts für soziale Hilfsleistungen abgeben? „Wir leisten ja auch unseren Obolus. Was wir an Kirchenbeiträgen abliefern, da würde ich behaupten, dass die ÖVP-Mandatare insgesamt mehr Kirchensteuer als die paar Kommunisten als Anteil ihres Gehalts abliefern.“
Ein echtes Heimspiel für die kommunistische Bewegung in Österreich ist das traditionelle Wiener Volksstimmefest. Che-Plakate und Pippi Langstrumpf-Bestseller prägen das Merchandising, Settele sitzt etwas abseits und spielt Schach mit dem Vorsitzenden der KPÖ, Günther Hopfgartner. Warum ist man 2023 noch Kommunist? „Weil wir in einer rein kapitalistischen Welt leben, in der man die Nachteile sieht. In der man sieht, wie viele Menschen darunter leiden, deswegen sterben“, antwortet der KPÖ-Mann.
Für das Überraschende sorgte dann noch Raimund Löw, langjähriger ORF-Journalist, der sich in seiner Jugend an der Studentenbewegung als Mandatar der trotzkistischen Gruppe Revolutionäre Marxisten engagiert hatte. „Karl Marx war kein begeisterter Marxist“, betont Löw. Das erinnert an SPÖ-Parteichef Andreas Babler. Der war sich bekanntlich in Interviews auch nicht so ganz einig, wie er nun zum Marxismus stehe.