Von einer Jury unter 22 Konzepten als besonders wertvoll erachtet, feierten am Dienstag die ersten zwei der handverlesenen Stücke Premiere – mit dringlich-düsteren, dennoch zukunftsgläubigen Gegenwartsdarstellungen.

Auf den Hund gekommen

Den Anfang machte „BOJI“ im Theater des Gesellenvereins, ein kraftvoll-intensiv dargebotenes Stück von Franz von Strolchen. Ausgehend von der wahren Geschichte des türkischen Straßenhundes Boji, der 2021 zum Internet-Phänomen geriet, entspinnt sich eine zeitgenössische Fabel über Propaganda und mediale Verzerrung im hochtechnologisierten Zeitalter.

"BOJI" basiert auf der wahren Begebenheit eines zum Instagram-Star stilisierten Straßenhundes.
"BOJI" basiert auf der wahren Begebenheit eines zum Instagram-Star stilisierten Straßenhundes. © Franz von Strolchen

Das Schicksal des streunenden Hundes, der durch Öffi-Fahrten zum Stadt-Maskottchen wurde, findet im konzentriert-leidenschaftlichen Spiel des Darstellers Gizem Pilavci und der erstklassig komponierten, den Atem raubenden Live-Musik von Anna Anderluh seinen Ausdruck. Ihr elektrisierend-ätherisches Sounddesign unterlegt ein ästhetisch anspruchsvolles wie technisch aufwendiges Bühnenbild, in dem leblose viszerale Objekte – Hundekot, Röntgenbild, Skelett, Plastikherz – in einem offenen Setzkasten installativ animiert werden.

„Technik ist Propaganda“ will der humane Hund uns lehren, brüder- und schwesterliche Nähe sei das Ziel. Eine hybride, durch viele Sinneseindrücke manchmal reizüberflutende Inszenierung, deren elektrische Schlagkraft und hoffnungsvoller Ausgang noch nachhallen.

Experimentelle Erzählweisen

Szenenwechsel ins Kristallwerk zur zweiten Premiere des Abends. In „Symptome“ treiben der Grazer Regisseur Johannes Schrettle und die Performerin Christina Lederhaas ein absurdes, bisweilen selbstironisches, unterhaltsam-verstörendes Spiel im Spiel. Meta-Kommentare werden in Form von Regieanweisungen zur dominanten Erzählinstanz, Dostojewskis „Dämonen“ geistern schemenhaft durch die Darstellung.

Diese ist am pulsierendsten, wenn Lederhaas lautmalerisch zu ihrem (Telefon-)Monolog tanzt oder Dialoge von hinten aufgezäumt werden. Das anfänglich noch träge Tempo hat sich gegen Ende hin, nicht zuletzt durch Schrettles sarkastisch-trockene Einwürfe, warmgelaufen.