"Das L in Frau steht für lustig – und andere kluge Lebensweisheiten von Männern, nach denen ich nie gefragt habe." So heißt Ihr neues Buch. Was hat es mit dem Titel auf sich?

JULIA BRANDNER: "Das L in Frau steht für lustig" ist etwas, was eigentlich jeder weiblichen Stand-up-Comedienne online mindestens einmal kommuniziert wird. Von irgendeinem Typen, wo ich mir nur denke: Und wie buchstabierst du Mann?! Das war der erste Titel, den ich meinem Verlag vorgeschlagen habe und das war zum Glück auch der, der es dann geschafft hat. 

Sie erzählen in Ihrem Buch von einer Zuschauerin, die nach einer Show zu Ihnen kam, um Ihnen zu sagen, dass Sie für eine Frau ganz witzig seien. Was stört Sie daran?

Mich stört die Grundannahme dahinter, dass Frauen nicht lustig sein könnten. Dass diese Zuschauerin sich eine Vertreterin des eigenen Geschlechts anschaut und sich denkt: 'Das ist eine Frau, die kann das nicht.' Sie wertet sich ja auch selbst damit ab. Warum werden Männer mit komplett anderen Maßstäben gemessen als Frauen?!

Manche würden jetzt entgegnen, dass das sicher eh nett gemeint war.

Ja, aber gut gemeint ist nicht gut gemacht. 

Sie schreiben aber auch, dass Sie lange selbst so gedacht haben. Inwiefern hat sich das geändert?

Man muss sich die eigenen Denkmuster bewusst machen und sich eingestehen, dass man da auch nicht perfekt ist. Aber je mehr man merkt, dass es nicht okay ist, wie mit einem umgegangen wird, umso mehr hat man wahrscheinlich auch Interesse daran, dass das anderen nicht passiert. Irgendwann habe ich immer öfter gesehen, dass Frauen sich gegenseitig pushen – und das ist ziemlich cool. Deshalb versuche ich auch, das vorzuleben. 

Als Kind waren Sie eher schüchtern, hatten Angst, in der Öffentlichkeit zu reden. Wie haben Sie gelernt, damit umzugehen?

Die Angst ist immer noch da. Aber wenn man sich dem stellt, fühlt man sich so gut, das beflügelt einen und man kommt in eine Mut-Spirale. Bei meinem ersten Auftritt war ich total nervös, meine Stimme hat gezittert, ich habe mich verhaspelt, aber ich hatte die meisten Lacher, obwohl die anderen Comedians das schon länger gemacht haben. Da dachte ich mir: 'Okay, ich kann das ja offensichtlich.' Und dann habe ich das immer wieder gemacht.

Haben Sie ein Ritual, bevor Sie auf die Bühne gehen?

Nein, eigentlich nicht. Ich habe verschiedene Sachen ausprobiert. Einmal haben meine Kollegin und ich vor dem Auftritt 100 Squats gemacht – das habe ich dann bereut, weil meine Beine auf der Bühne gezittert haben (lacht).

Sie wollen bewusst nicht als Kabarettistin bezeichnet werden. Warum?

Ich finde, das Wort Kabarettist hat schon diesen Klang, als wäre ich fünfzig plus und als würde ich irgendetwas schauspielern. Für mich bleibt Stand-up-Comedy beim realen Leben. Kabarett ist immer so übertrieben, das ist mehr Show – natürlich ist Stand-up-Comedy das auch, aber es hat weniger den Anspruch, intellektuell zu sein. 

Gibt es Grenzen bei Ihren eigenen Shows, bestimmte Themen, die Sie nicht bringen würden?

Rein theoretisch: Nein. Es gibt in der Comedy den Grundsatz: Je brutaler der Witz ist, umso besser muss er sein – damit es sich auch wirklich lohnt, ihn zu machen. Und wenn mir ein Witz einfällt, der brutal, aber brutal gut ist, dann mache ich den. Mir ist es aber wichtig, nicht nach unten zu treten. Ich trete eher nach oben oder zur Seite.

Wie kamen Sie dazu, ein Buch zu schreiben?

Mein Verlag hat mich angeschrieben. Eigentlich wollte ich immer schon Autorin werden, das war mein Kindheitstraum. Also grundsätzlich wollte ich immer reich und berühmt werden (lacht). Allerdings kann ich nicht singen und nicht schauspielern – aber ich kann schreiben. Den Traum hatte ich ein bisschen aus den Augen verloren und jetzt ist er aber in Erfüllung gegangen. Manchmal braucht es einen Schubs in die richtige Richtung. 

Julia Brandner: "Das L in Frau steht für lustig", ISBN: 978-3-423-35205-5, dtv, 12,40 €
Julia Brandner: "Das L in Frau steht für lustig", ISBN: 978-3-423-35205-5, dtv, 12,40 € © dtv

Werden Sie in Zukunft dann eher als Autorin oder Stand-up-Comedienne unterwegs sein?

Ich finde eine Kombi aus beidem gut. Stand-up-Comedy ist geil, weil man instant Feedback bekommt. Man steht auf der Bühne, erzählt was und die Leute lachen oder lachen nicht.

... wohingegen bei einem Buch ...

Beim Geschriebenen sieht man die Reaktionen der Leute nicht. Hat jemand bei der einen Stelle gelacht oder das Buch gegen die Wand geschmissen, hat die Person das Buch gelesen oder nur durchgeblättert? Einerseits ist das gut, weil es einen vor den Reaktionen der Leute schützt, andererseits ist es schade, deswegen finde ich eine Kombination aus beidem total toll, weil man beides hat. 

Das heißt, es bleibt nicht bei dem einen Buch?

Nein, ein anderes Buchprojekt steht bereits in den Startlöchern. 

Um abschließend noch mal auf den Titel Ihres Buches zu sprechen zu kommen. Welche klugen Lebensweisheiten, nach denen Sie nicht gefragt worden sind, würden Sie denn Männern mit auf den Weg geben?

Oh, gute Frage. Ich glaube, ich würde Männern mit auf den Weg geben, dass ihre Perspektive nicht die einzige ist. Sie machen nur 50 Prozent der Weltbevölkerung aus, Frauen sind keine Minderheit.