Fußballtrainer umgibt ja gern der Nimbus der talentierten Menschenflüsterer. Fast so, als wären sie Zauberer Gandalf'scher Prägung, die mit einem Hauch von Magie eine Truppe Auserwählter auf die Siegesstraße bringen und im besten Falle auch dortbehalten. Die alles durchdringende Grundstimmung in Kampfmannschaften: Auf sie mit Gebrüll! Und dann kommt jemand daher und stellt alles und alle auf den Kopf. Ein Wunderknabe? Taktisch gesehen, eher nicht. Nein, ganz und gar nicht. "Man könnte zwei Internets mit dem füllen, was ich nicht über Fußball weiß", sagt Ted Lasso in seiner Antrittsrede beim AFC Richmond, eine mittelmäßige Premier-League-Mannschaft. Ted Lasso (Jason Sudeikis) ist auch kein Fußballtrainer, sondern ein Footballtrainer aus Kansas. Dass er überhaupt in England gelandet ist, hat er der Chefin des Klubs zu verdanken, die den Fußballverein als ungeliebtes Scheidungskind an der Backe hat. Ihr Ziel: den Lieblingsklubs ihres Ex-Mannes zugrunde richten. Und dann kommt Ted Lasso und es kommt alles anders.

Was im August 2020 mit der ersten Staffel begonnen hat, geht zahlreiche Emmys und Golden Globes später ab Mittwoch auf Apple TV+ bereits in die dritte Staffel. Ted Lasso, ein Motivationsguru vor dem Herrn, der durch die Reihen seiner Gegner mit viel Herz und noch mehr Herzblut pflügt, als wären sie aus Butter. Ja, zum Dahinschmelzen ist das. Das Rezept der Serie ist auf den ersten Blick so denkbar einfach wie ein mittelmäßiger Kalenderspruch: Sei freundlich zu den Menschen und glaube an das, was du tust – "Believe" (Glaube) heißt das beständig dahinwabernde Zauberwort.



Die große Kunst der Serie ist es, auf diesem schmalen Grat zwischen Kitsch und Coaching zu balancieren. Das gelingt, weil es in der Theorie zwar ums Gewinnen geht, aber die kleinen Erfolge sich aus der Überwindung der Niederlagen auf dem Weg zum Sieg generieren. Hier braust der Siegeszug nicht durch, sondern bleibt bei jeder zwischenmenschlichen Baustelle stehen. Die Besetzung ist eine Art dysfunktionale Fußballmannschaft, deren Macken im Sinne einer Optimierung nicht ausgebügelt, sondern nur kalibriert werden. Plötzlich auftretender Raubtiergesinnung tritt man mit höflichem Interesse und Humor entgegen.

Das klingt fast so, als wäre der FC Richmond in rosa Watte gepackt, das Gegenteil ist der Fall: Hier gibt es Trennungen, Panikattacken, Versagensängste und enttäuschte Liebe. In der neuen Staffel wechselt der bisherige Co-Trainer Nathan sogar zur Konkurrenz und für gewöhnlich befindet man sich mehr am Bankett denn auf der Siegerstraße. Das ist wohl noch ein Grund für den Erfolg der Serie: Sie ist eine Gegenstrategie zu einer auf Gewinnen optimierten Welt, die eines oft schmerzlich vermissen lässt – Menschlichkeit. So scheinbar einfach kann das Rezept einer Serie sein.

"Ted Lasso" ist ab 15. März auf Apple TV+ zu sehen