Paul McCartney 80? Kaum zu glauben. Dabei hat der Ex-Beatle doch gerade erst ein überragendes Album herausgebracht und spielt bald beim riesigen Glastonbury-Festival vor rund 200.000 Besuchern. Gedanken über ein Pop-Phänomen, über einen vorbildlichen Musiker für viele Generationen, der heute seinen Geburtstag feiert. Im genialen Songschreiber-Duo der Beatles ist er die Nummer 2: Lennon/McCartney. Genau in dieser Reihenfolge hat sich der Markenname für die erfolg- reichste Partnerschaft im Pop gehalten. Dazu passt die Rangordnung vieler Experten: erst der 1980 mit nur 40 Jahren ermordete John Lennon, der kühne, rotzige, exzentrische Höchstbegabte; dann Paul McCartney, der charmante Beau, der Erzromantiker, der irgendwie biedere Fließbandarbeiter für schöne Songs über Liebe, Familie und „Mull Of Kintyre“.
Wie wenig dieses abschätzige Klischee doch dem Mann gerecht wird. 50 Jahre lang hat Sir Paul (so sein Titel seit 1997) auch nach dem irrwitzigen Höhenflug der Beatles, nach all den bahnbrechenden Alben und Songperlen von „Love Me Do“ bis „Let It Be“ bewiesen, dass er einer der größten Komponisten und Texter überhaupt ist.
An der Trennung 1970 nach jener kurzen „Beatlemania“-Ära voller Triumphe, aber auch zunehmender persönlicher Querelen hatte der Bassist, Pianist und Sänger des britischen Quartetts gewiss seinen Anteil. Manche halten ihn gar für den Auslöser, obwohl es in einem BBC-Interview vom vorigen Herbst anders klang: „Ich habe den Bruch nicht initiiert. Das war unser Johnny“, schob er Lennon die Verantwortung zu. Wer auch immer der berühmtesten Band der Welt vor gut 50 Jahren nun den Todesstoß verpasste: McCartney hielt sich nicht lange mit Klagen auf. Ob mit den frühen Soloplatten, als Frontmann der Wings mit Ehefrau Linda (1971–1981) oder danach als lebende Legende mit vielen starken Alben: Der am 18. Juni 1942 geborene Musiker hat auch als ehemaliger Beatle „geliefert“.
Paul McCartney hat natürlich längst alle Ehrungen und Würden erhalten, die die Welt zu bieten hat – samt zweifacher Aufnahme in die Rock and Roll Hall of Fame und einem Stern auf dem Hollywood Walk of Fame. Allein den US-Grammy gewann er 18 Mal, bei phänomenalen 81 Nominierungen. Auch in den fünf Jahrzehnten nach den Beatles soll er über 100 Millionen Tonträger verkauft haben.
Voriges Jahr hat McCartney endlich eine Art Autobiografie vorgelegt – ein Leben in 154 Songs, mit persönlichen Texten, Geschichten, privaten Fotos und Notizen. „Wenn Leute erstmal ein gewisses Alter erreicht haben, greifen sie gerne auf Tagebücher oder Terminkalender zurück, erinnern sich Tag für Tag an vergangene Ereignisse, aber solche Aufzeichnungen habe ich nicht“, sagte er zu diesem 912-Seiten-Großprojekt. „Was ich habe, sind meine Songs – Hunderte – und eigentlich erfüllen sie denselben Zweck.“
Auch die manchmal skeptischen Musikkritiker können sich seiner Extraklasse nicht mehr verschließen: So listete zum Beispiel das US-Magazin „Rolling Stone“ McCartney vor fünf Jahren auf Platz zwei der 100 besten Songwriter aller Zeiten – direkt hinter Bob Dylan und noch vor John Lennon.
Apropos Liebe: Mit der knapp ein Jahr älteren amerikanischen Fotografin Linda Eastman, die 1969 zu Frau McCartney wurde, bildete der Musiker bis zu ihrem weltweit betrauerten Tod 1998 ein Pop-Traumpaar. Die zweite Ehe mit Ex-Model Heather Mills von 2002 bis 2008 verlief unglücklich, seit 2011 ist Paul McCartney mit der New Yorker Geschäftsfrau Nancy Shevell (62) verheiratet. Aus zwei der drei Ehen hat er fünf Kinder: Heather, Mary, Stella, James und Beatrice McCartney.