Sie sind mit Ihrem aktuellen Album „Burning Spider“ gerade auf großer internationaler Tour, wie sind Sie mit dem Konzertverlauf bisher zufrieden?
PAROV STELAR: Ausgezeichnet, wir können uns definitiv nicht beklagen (lacht). Obwohl ich das Gefühl habe, seit zwölf Jahren ununterbrochen auf Tour zu sein.
Sie treten in London, New York, Barcelona oder Moskau auf, haben in Frankreich an einem Abend vor 110.000 Menschen gespielt, wie reiht sich da das Städtchen Tarvis in den Konzertplan ein?
Ich bin ein extremer Italien-Fan, als die Anfrage kam, hatte ich sofort positive Resonanz. Es ist wie beim Produzieren von Songs, es geht nicht immer um ganz großen Namen, sondern das Gesamtpaket muss stimmen, No Borders ist ein kleines feines Festival, da hab ich sofort gesagt, da müss ma hin.
Auf was darf sich das Festival-Publikum in Tarvis am 30. Juli freuen?
Es wird auf jeden Fall ein großes Spektakel werden. Wir haben eine tolle Show gebastelt, setzen LED-Leinwände ein und bringen alle Klassiker von Parov Stelar, aber natürlich auch die ganz neuen Sachen. Meistens artet das in eine große Party aus, und das ist auch das Ziel.
Sie haben über eine Million Likes auf Facebook, gelten international als Superstar in der Elektronischen Musik. Können Sie skizzieren, was das Projekt Parov Stelar so besonders macht?
Das Grundkonzept ist immer elektronische Musik, ausgehend von Klub-Musik. Ich habe im kreativen Prozess verschiedenste Stilmittel, ob das nun Swing, Soul oder Jazz war, genommen, gesampelt und mit diesem Modernen verbunden. Es ist oft eine wilde Mischung, ich glaube, das macht dieses „Parov-Stelar-Ding“ aus.
Sie gelten als Pionier des „Elektro-Swing“. Mit Swing und den 20er-, 30er-Jahren schwingt auch viel Nostalgisches mit. Trifft das den Zeitgeist?
Ich bin überzeugt, dass der Großteil der Menschen Sehnsucht nach einer Zeit hat, die vielleicht etwas langsamer, weniger komplex war. Obwohl die 20er, 30er sicher auch schwierig waren. Aber so funktioniert offenbar das menschliche Gehirn: Dinge, die weit zurückliegen, verlieren an Bedrohung, das Gute bleibt über.
Sie bezeichnen Ihr aktuelles Studioalbum „The Burning Spider“ als musikalischen Evolutionsschritt und stellen jetzt den Blues ins Zentrum Ihrer sampelbasierten Klangforschung?
Das war ein relativ emotionaler Schritt. Ich versuche immer auf mein Herz zu hören, der Elektro-Swing hat viele Türen geöffnet, bis der Punkt gekommen ist, an dem ich nur mehr in diesem Kontext gesehen wurde: „Parov Stelar ist gleich Elektroswing“. Davon wollte ich mich befreien. Es gibt noch viele Dinge, die mich interessieren, zudem wird mir schnell langweilig und ich muss immer was Neues ausprobieren.
Das No-Borders-Festival am Schnittpunkt dreier Länder symbolisiert ja schon vom Namen her Verbindendes. Sehen Sie da Anknüpfungspunkte zu Ihrer musikalischen Arbeit?
Absolut. Musik ist ja das perfekte Werkzeug, um Grenzen verschwinden zu lassen. Die Musik geht über den Äther drüber, der ist es wurscht, ob da ein Stacheldraht ist.
Sie spielen selbst kein Instrument, sind also musikalischer Autodidakt?
Anfangs hatte ich dadurch mit meinem Selbstwert als Musiker zu kämpfen. Irgendwann hab’ ich verstanden, dass das auch ein Segen ist. Mein Schlagzeuger hat gesagt: „Marcus, du machst so ziemlich alles falsch, was man falsch machen kann, aber es klingt super-cool, weil ich selbst würde von meiner Ausbildung her nie auf die Idee kommen, es so zu machen.“
Robin Plankenauer