2016 wird wohl als jenes Jahr in die Geschichtsbücher eingehen, in dem man sich von einigen der größten Popkünstler verabschieden musste. Und langsam könnte den geneigten Fan das Gefühl beschleichen, dass die Zeit der Superstars vorüber ist.

Wer von uns ging

David Bowie
David Bowie © AP
Lemmy Kilmister
Lemmy Kilmister © APA/AFP/OLI SCARFF
Leonard Cohen
Leonard Cohen © AP

Was sie uns hinterließen

Glenn Frey
Glenn Frey © APA/AFP/KARL WALTER

So despektierlich es auch klingen mag - für die Musikindustrie waren und sind besonders diese "großen" Toten auch ein gutes Geschäft. Zwar hat sich der weltweite Markt in den vergangenen Jahren grundsätzlich wieder einigermaßen stabilisiert, aber für den physischen Verkaufsbereich - von CD über DVD bis Vinyl - waren und sind gerade klingende Namen immer gut und absatzfördernd. Dass man auf die gesteigerte Aufmerksamkeit gerne aufspringt, belegen auch schnell zusammengestellte Compilations und Wiederveröffentlichungen oder - zeitlich etwas aufwendiger in der Vorbereitung - reichhaltig ausgestattete Boxsets. Gerade bei Bowie wurde diesbezüglich nicht gekleckert in den vergangenen Monaten, und auch das Oeuvre von George Michael dürfte nun in den kommenden Monaten bis in die kleinsten Restbestände ausgelotet werden.In nächster Zeit ist in puncto Verwertung (meistens: noch nicht veröffentlichte Versionen und Demoaufnahmen bekannter Songs; eher selten: wirklich neues und auch gehaltvolles Material) wohl nicht so schnell mit einem Ende zu rechnen. In diese Kerbe lässt sich auch dank des in den vergangenen Jahren weiter angezogenen Vinyl-Comebacks nach Lust und Laune schlagen, wie etwa Led-Zeppelin-Gitarrist Jimmy Page mit der von ihm überwachten Wiederveröffentlichung aller Platten der wegweisenden Rockband unter Beweis stellte. Und das Oeuvre der Pop- und Rockgeschichte des 20. Jahrhunderts bietet da klarerweise noch etliche Schmankerl, die man sehr lukrativ unter alte wie neue Fans bringen könnte.

Roger Cicero
Roger Cicero © APA/HERBERT PFARRHOFER

Wer noch bleibt

Schaut man sich prägende und vor allem quer durch die Generationen erfolgreiche Künstler in der Popmusik an, fallen schnell Namen wie Rolling Stones, Bob Dylan, Elton John oder Paul McCartney. Natürlich gibt es etliche jüngere Protagonisten, die weltweit die Stadien füllen - in punkto Strahlkraft und Konsistenz in ihren Leistungen können aber nur wenige Acts mit den großen Namen vergangener Dekaden mithalten. Pilgert etwa die australische Hardrocklegende AC/DC um die Welt, kann sie sich stets auf Zehntausende Fans freuen. Dabei scheint es sogar egal, dass Frontman Brian Johnson jüngst aufgrund gesundheitlicher Probleme das Mikrofon Axl Rose von Guns N' Roses in die Hand geben musste (im Übrigen eine weitere Band, die aktuell alte Zeiten hochleben lässt).

Und sie werden nicht jünger: Ein Blick auf das Alter von großen Helden wie Barbara Streisand (74), Mick Jagger (73) oder Brian May (69) kann schon nachdenklich machen, auch wenn viele Künstler noch bei bester Gesundheit sind und ihren kreativen Output weiter vergrößern. Ein Beispiel dafür wäre Neil Young, der sich mit 71 Jahren immer noch jugendlich-wütend geben kann und mit Verve gegen Missstände ansingt. Oder man denke an Bob Dylan, der heuer mit den Literaturnobelpreis geadelt wurde - selbst wenn er sich lange für eine Reaktion auf diese Auszeichnung Zeit ließ und die Verleihung im Dezember einfach schwänzte. Doch sind es nicht Ecken und Kanten wie diese, die einen Gutteil des Charmes dieser Größen ausmachen?

Wo die Superstars von morgen sind

Abseits der bisher bereits Genannten, gibt es natürlich noch einige Künstler, die als "Superstar" tituliert werden können. Allerdings fällt ins Auge, dass die vereinende Kraft des Konzertgenusses gerade zwischen den USA und Europa zu einer kleinen Spaltung führt. Während nämlich Hip-Hop- und R'n'B-Künstler wie Kanye West, Kendrick Lamar, Frank Ocean oder Beyonce in den Vereinigten Staaten die Massen zu begeistern wissen und auch mit politisch-motivierten Aktionen in Erscheinung treten (Stichwort: Black Lives Matter), bleibt Europa für sie im Livegeschäft bestenfalls ein Randgebiet.

Nun sind zumindest die Trends und Hypes dies- wie jenseits des Atlantiks ständig abzufragen und dank digitaler Musikverwertung auch nachzuvollziehen - ob neue Namen das allerdings in eine Strahlkraft ähnlich jener von Acts wie Bowie oder auch Madonna umzusetzen wissen, ist nicht wirklich abzusehen. Möglicherweise hängt das aber mit der Ausformung des Musikmarktes selbst zusammen, der sich nicht zuletzt dank etlicher neuer Streamingangebote (und dort teils exklusiv veröffentlichter Alben und Songs) weiter im Wandel befindet. So obliegt es in vielen Wohnzimmern ja bereits den Algorithmen von Spotify und Co, was als nächstes aus den Lautsprechern dröhnt, und weniger einer persönlichen Auswahl.