Seit Jahrzehnten ist Edita Gruberova an den bedeutendsten Opernhäusern der Welt zu Hause. Jetzt hat sich auch ihre Heimat Slowakei der außergewöhnlichen Sopranstimme als Aushängeschild erinnert und verpflichtete die "Prima donna assoluta" für Auftritte im Dezember zum Abschluss der slowakischen EU-Ratspräsidentschaft. Ihren 70. Geburtstag begeht die Sängerin heute - sie ist am 23. Dezember 1946 geboren.
Für ihren eigenen Festtag will die Opernsängerin hingegen ihre Privatsphäre bewahren: "Ruhig und in kleinem Familienkreis" will Edita Gruberova ihren runden Geburtstag feiern. "Auf jeden Fall wird es keine große Party geben. Ich war nie eine Freundin von großen Partys." Gruberova wurde in Bratislava geboren, studierte am dortigen Konservatorium und bei Ruthilde Boesch in Wien, wie es in ihrer offiziellen Biografie heißt.
Kurz nach dem Ende des "Prager Frühlings" aus der für ihre künstlerischen Fähigkeiten zu eng gewordenen tschechoslowakischen Heimat emigriert, erlebte Gruberova nach schwierigen ersten Anläufen an der Wiener Staatsoper ihren Durchbruch zum Weltstar. In kürzester Zeit wurde sie daraufhin zu einer der gefragtesten Interpretinnen der Rollen der Zerbinetta, Konstanze, Donna Anna, Rosina, Gilda, Violetta und Lucia, die sie an Bühnen wie der Mailänder Scala, London Covent Garden, Metropolitan Opera New York, Grand Opera Paris und an den Opernhäusern Berlin, München, Genf, Zürich, Florenz, Madrid und Barcelona interpretierte.
Ihre außerordentliche Stimme motivierte Regisseure immer wieder, selten gespielte Opern mit besonders schwierigen Gesangsrollen eigens für sie ins Programm aufzunehmen. Als "Königin der Koloratur" erntete Gruberova Publikumsovationen. Ihre Fangemeinde fasziniert Gruberova als "Diva des Belcanto-Gesangs", wie sie in Medienberichten gern tituliert wird, sich selbst erfreut sie damit, dass sie ihre ausdrucksstarke Stimme für ganz individuelle Interpretationen nützt. Sie möge zum Beispiel die Kompositionen des italienischen Komponisten Gaetano Donizetti besonders, weil dieser ausdrücklich gewünscht habe, dass die Sängerinnen und Sänger kreativ seien, anstatt sich streng an detaillierte Vorgaben zu halten, verriet sie 2015 in einem Interview.
Unter den schönsten Erinnerungen ihrer Karriere nennt sie bis heute zuallererst ihren musikalischen Durchbruch 1976 als Zerbinetta in der Richard Strauss-Oper "Ariadne auf Naxos" unter Karl Böhm als Dirigent. Auch die Rolle der Lucia in Donizettis "Lucia di Lammermoor", die sie erstmals 1978 an der Wiener Staatsoper sang und seitdem immer wieder, gehört zu ihren liebsten Rollen. Als Violetta in Verdis Oper "La traviata" Ende der 1980er Jahre an der New Yorker Met unter Carlos Kleiber hatte sie nach eigenem Bekunden einen ihrer schönsten Auftritte. "Und natürlich zähle ich zu den liebsten auch meine Belcanto-Rollen, vor allem in München, weil die extra für mich ins Programm genommen wurden", sagt Gruberova.
Auch die Lucrezia Borgia in Donizettis gleichnamiger Oper will sie in der Aufzählung ihrer Lieblingsrollen nicht missen. Eben erst war Gruberova in Japan auf Tournee und will auch nächstes Jahr wieder dorthin fahren. Ein neues Konzertprogramm für 2017 ist in Vorbereitung. Große Regie-Opern plane sie dagegen nicht mehr. Dafür fehle ihr inzwischen die Energie und auch die Lust, gesteht sie. Sie will sich auf Konzertauftritte konzentrieren: "Damit kann ich am besten mein Publikum und mich selbst erfreuen und dabei meine eigene Herrin bleiben." Obwohl sie nun schon seit 45 Jahren im Ausland lebe und selten in die Slowakei reise, sei ihre emotionale Bindung nicht verloren gegangen, betont sie: "Die Slowakei ist und bleibt mein Heimatland. Dort fühle ich mich zu Hause, entspannt und freudig." Das liege vor allem an den Freunden und Verwandten, die sie dort noch immer habe.
Zwar lebt Edita Gruberova schon seit Jahren in Zürich, aber auch Wien und München sind ihr wichtig geblieben, weil sie an den Staatsopern dieser beiden Städte ihre ersten großen Erfolge feierte und hier nach wie vor ein besonders treues Publikum findet.
Christoph Tanei