Bevor die große Gala des weiblichen Enfant terrible startete, wurde der große Saal in Melancholie getaucht. Die steirischen Dramatiker Stereoface wurden als Anheizer verpflichtet. Mit den Musikersöhnen Benny Musenbichler (Schlagzeuge) und Paul Pfleger (Gitarre, Gesang) als Aushängeschilder, konnte das Quartett bereits einige Erfolge für sich verbuchen. Der ruhige, stets im Windschatten von Oasis und den Beatles steckende Sound der Grazer, konnte seine Vorzüge nicht ausspielen. Vorhandenes Talent und Können waren sekundär. Als Vorband für die amerikanische Rockröhre, war einfach zu viel Wehmut und Ruhe im Spiel.

Working Class statt Glamour

Für einen Montag war die Laune im Zuschauerraum bestens. Juliette Lewis ist weder Glamour noch Gossip – die zierliche 36-jährige ist geschieden und war bereits in jüngeren Jahren schwer kokainabhängig. Die Ehrlichkeit und Lebensfreude ihrer zahlreichen Filmrollen, bringt sie auch im realen Leben an die Front. Am Schlagzeug sitzend, knüppelte Frau Lewis im nicht ganz passenden Takt den "Kick Song" ein und überzeugte wieder mit extravaganter Optik. Die hautenge rote Streifhose erinnerte an die 70er Jahre, das fetzig vom Körper hängende, ärmellose T-Shirt versprühte den Geruch der 80ies.

Juliette Lewis spielt gekonnt ihre Qualitäten als Aktrice aus und fühlt sich in verschiedensten Rollen wohl. Ob als punkig-freches All American Girl bei "Sticky Honey", Janis Joplin-Imitat bei "Hard Lovin' Woman" oder poppige Träumerin der eigenen Vergangenheit ("Uh Huh") – Lewis überzeugt mit ihrer natürlichen Sympathie in allen Bereichen. Die Bandmitglieder wurden nicht zu Statisten degradiert. Jeder Einzelne bekam seine Momente zur Entfaltung. Gleichberechtigung, die man sich andernorts sehnlichst wünschen würde.

Schubladenlos

Lewis und ihre Spießgesellen schafften den seltenen Spagat der Genrekreuzung. Zwischen herkömmlichen Punk Rock (der Megaseller "Hot Kiss"), Alternative-Zitaten (das in unendliche Längen improvisierte "Got Love To Kill"), modernem Blues ("Purgatory Blues") und Iggy Pop (das Cover "No Fun") findet sich die grazile Frontfrau in sämtlichen Nischen wohl.

Die Tragik kam am Ende. Mit dem abschließenden "Suicide Dive Bomber" rechnete Juliette mit den grausamen Tiefschlägen ihres Lebens ab. Auch wenn der kontinuierliche Moll-Ton und die Theatralik anderes sagten, die Vitalität und Einzigartigkeit dieses zierlichen Wesens machen die Welt auch in schweren Zeiten wie diesen um eine Spur besser. Zur Künstlerin geboren, bricht Lewis auf der Bühne aus der Scheinwelt der Traumfabrik-Scheinwerfer aus und legt ihr wahres Talent an den Tag. Gesang, Interaktion, Realität – nie klang Hollywood stärker nach Arbeiterklasse.