Bombastisch war das Konzert von Kasabian Freitagabend am Frequency Festival in St. Pölten. "I'm on fire" aus ihrem Hit "Fire" lautete die Devise für den gesamten 70-minütigen Auftritt der Britrocker. Mit Spannung wurde im Anschluss der Headliner-Gig von Deichkind erwartet. Detail am Rande: Kate Moss ist nicht mit ihrem Ehemann Jamie Hince von The Kills, die bereits am Nachmittag auftraten, nach Niederösterreich gekommen.

Vor zwei Jahren hatten Kasabian am Frequency noch mit Soundmatsch und einem weitgehend desinteressierten Publikum zu kämpfen. Das genaue Gegenteil der heurige Auftritt: Von Anfang sehr laut und glasklar tönte es aus den Boxen. Sänger Tom Meighan, häufig als halbstark verschrien, zeigte sich dieses Mal von seiner artigen und freundlichen Seite und entschuldigte sich sogar für sein holpriges "Dankesche!". Unverkrampft und lässig, ungemein groovy und immer auf den Punkt wurden Nummern wie "Shoot The Runner" und "Vlad The Impaler" gespielt.

"Größte Britrock-Band der Welt"

Der "Musikexpress" bezeichnet Kasabian in seiner aktuellen Ausgabe nach dem Aus von Oasis als "die größte Britrock-Band der Welt". Auf die Frage, ob er sich unter Druck gesetzt oder geehrt fühlt, antwortete Gitarrist und Songwriter Sergio Pizzorno: "Ich bin allein erziehender Vater von drei Kindern, das bedeutet Druck." Und hat er wegen der Unruhen in seiner Heimat Großbritannien Angst um seinen Nachwuchs? "Ja, es gab doch keinen Grund für die Gewalt." Die aktuelle Situation in England sei jedenfalls befremdlich, sagte Pizzorno. "Auf unserer letzten Platte hatten wir den Song 'Where Did All The Love Go?'. Der sagte voraus, was jetzt passiert ist. Das ist irgendwie beängstigend." Dass Kasabian im Zuge der Aufnahmen für das kommende, am 16. September erscheinende Album "Velociraptor!" (Smi Col/Sony Music) mit Rap-Legende LL Cool J zusammengearbeitet haben, ist für Pizzorno keineswegs abwegig: "HipHop hat uns inspiriert, genauso wie diese Musikrichtung von Rock beeinflusst worden ist."

Schwerer hatten es vor Kasabian ihre Landsleute Elbow, die nach einem mitreißenden Auftritt der heimischen Pop-Rock-Punkband 3 Feet Smaller, auf der Race Stage dem Namen der Bühne gar nicht gerecht werden konnten. Die faszinierende Band aus Manchester mag in ihrer Heimat seit dem Album "The Seldom Kid" von 2008 den Durchbruch geschafft haben, in Österreich gilt die Formation auch nach dem aktuellen Werk "Build A Rocket Boys!" (Universal) immer noch als Geheimtipp. Und der anspruchsvolle Pop mag sich nicht unbedingt zum "Kennenlernen" bei einem Festival eignen. Daher lichteten sich die Reihen vor der Hauptbühne.

Aber Elbow spielten, davon unbeirrt, groß auf. Unterstützt von Streichern zauberten sie feinen, manchmal filigranen, dann wieder hymnischen, erwachsenen Pop hervor. In Liedern wie "The Birds" oder "One Day Like This" konnte man sich wunderbar verlieren - wenn man sich darauf einließ. "Unser Stücke sind langsamer, sie brauchen Raum", sagte Keyboarder Craig Potter im Interview mit der APA. "Unsere Auftritte sind mehr Party und positiver Stimmung als manche Leute erwarten. Die Lieder mögen keine Hymnen für Boxkämpfe sein, aber sie können die Zuhörer hypnotisieren, das ist unsere besondere Stärke."

Elbow sind der Beweis, dass Gruppen auch im musikalischen Fast-Food-Zeitalter langsam eine Karriere aufbauen können. "Ja, wir schreiben nicht die üblichen Single-Songs, uns geht es um Alben", meinte Potter. Viel Überzeugungsarbeit leistete live der charismatische Sänger Guy Garvey mit seiner Bühnenpräsenz. Dass es zum zweiten Mal an diesem Tag zu regnen begann, konnte er nicht verhindern. Es schüttete nach viel Sonnenschein am Nachmittag plötzlich wie aus Schaffeln, die Besucher flüchteten und wurden vom Veranstalter in für VIP, Presse und Personal abgesperrte Bereiche eingelassen, die Performances vorübergehend unterbrochen.

"The Kills" rockten ohne Kate Moss

Schlechtes Wetter hatte die Anreise von The View verzögert. Die Rock-Pop-Punk-Band aus Schottland musste darum später als geplant auf der Weekender-Bühne statt auf der Race Stage auftreten. Noch dazu konnte Frontman Kyle Falconer wegen einer Fußverletzung nur sitzend singen. Trotz der ungünstigen Voraussetzungen absolvierten die Briten eine furiose Show mit Partykrachern wie "Grace" von der aktuellen CD "Bread And Circus" (Sony). Über die Arbeit an der LP berichtete Drummer Steven Morrison im APA-Gespräch: "Wir haben uns nicht weniger Zeit genommen, aber wir haben die Zeit im Studio besser ausgenutzt. Statt viel über Ideen zu diskutieren, haben wir einfach drauflosgespielt. Das war letztlich eine gute Idee."

Am zweiten Festivaltag waren auch The Kills zu bestaunen. Das US-britische-Duo ließ es anständig krachen und konnte mit ihrem Blues und Punk geschwängerten Indie-Rock die Stimmung vor der Race Stage anheizen. Tief gestimmte Gitarren, manchmal im "Duell" zwischen Hince und Sängerin/Gitarristin Alison Mosshart, treibende Rhythmen vom Drumcomputer und Mossharts erdiger Gesang liefen herrlich im Einklang - auch wenn The Kills eigentlich in einer Halle besser aufgehoben wären als auf dem VAZ-Gelände.

Tolle Gigs konnten die Fans außerdem u.a. von The Bewitched Hands und Friska Viljor auf der Green Stage, dem zweiten Hauptschauplatz, sowie von Crystal Fighter und Feeder genießen. Das Programm bestach mit viel Abwechslung. Schön, dass die kurzfristig eingesprungenen Österreicher 3 Feet Smaller nicht nur konkurrenzfähig rockten, sondern auch erstaunliche viele Bewunderer anlockten. Das Frequency geht am Samstag zu Ende, am Freitag sollten noch Deichkind und Dropkick Murphys als Headliner Stimmung machen.