Hägar ist eigentlich kein Wikinger. Er geht einem Job nach, sorgt sich um die Zukunft seiner Kinder, trinkt gerne Bier, isst gerne und seine Frau mag es gar nicht, wenn er spät nach Hause kommt. Hägar war irgendwie ein typischer Mann der 1970er-Jahre.


Es ist gerade diese so verständliche Welt, die Hägar so erfolgreich machte. Als sein Schöpfer Dik Browne, ein damals schon sehr erfolgreicher Zeichner, Hägar am 4. Februar 1973 ins Rennen schickte, war sein Motto: "Ich verkaufe Lacher." Keine Politik, keine Weisheiten. Und: "Ich wollte einen Charakter, der sofort zu identifizieren war ... universell erkennbar." Klar, er hatte einen Hörnerhelm auf, raubte und plünderte sich durch die Geschichte, aber am Ende des Tages verhielt er sich wie ein typischer, westlicher Mann aus dem 20. Jahrhundert – und genau daraus zog der Strip seine Kraft. (Alle, die sich angegriffen fühlen: Es ist nicht böse gemeint!) Schon im ersten Sonntags-Strip wird das klar: Hägar macht mit seiner Frau Helga einen Sonntagsspaziergang, freut sich über seine Kinder und versucht die nervigen Nachbarn (die Hunnen) zu ignorieren. Der erste werktägliche Strip zeigt Hägars Bande, die ein Haus stürmen will, doch innehält. Der Burgherr kommt raus und sagt zu Hägar: "Nein, das hier ist Nummer 35 ... Die Burg ist ein Stück weiter die Straße runter."


Oft ist es nur eine Zeichnung, manchmal sind es zwei Panels. Die große Kunst des New Yorkers Browne bestand darin, im zweiten oder dritten Bildchen den Gag zu zünden: Bamm! "Bist du zum ersten Mal in England?" fragt Hägar. "Ja, wie ist es hier so?" Hägar: "Tja, wenn du das Wetter magst, wird du das Essen lieben." Hägar ist grummelig, missmutig, schrecklich sowieso. Seine Frau hat zu Hause die Hosen an. Sein Sohn Hamlet liest gerne und seine Tochter Honi will gerne eine Kämpferin sein. Nicht zu vergessen: Sven Glückspilz, der für nichts zu gebrauchen ist. Aus diesen Zutaten variierte Browne bis in die 1980er-Jahre seinen Hägar, kräftig assistiert von Sohn Chris. Browne hatte zuvor schon die Zeichnungen für "Hi and Lois" gemacht und das Logo für "Chiquita-Bananen" entworfen, wollte jedoch seine Familie finanziell absichern und etwas Eigenes schaffen – beides gelang. Als Dik Browne 1989 an Krebs starb, übernahm sein Sohn Chris, der war übrigens gemeinsam mit Bruder Bob für die Namensgebung verantwortlich. Wenn ihr Vater mit seinen über 100 Kilogramm Lebendgewicht in ihrem Haus über die Treppe nach unten gepoltert kam, schrien die beiden: "Rennt! Weg hier! Hägar der Schreckliche kommt!" Allerdings dachten sie dabei an japanische Monster, nicht an Wikinger.

Dik Browne. 50 Jahre Hägar der Schreckliche. Egmont Comic Collection, 188 Seiten, 36 Euro
Dik Browne. 50 Jahre Hägar der Schreckliche. Egmont Comic Collection, 188 Seiten, 36 Euro © 2023 King Features Syndicate, Inc. / Distr. Bulls |© 2023 Egmont Comic Collection


Hägar ist von 1973 bis heute ein Hit: Bald schon erschienen die Abenteuer in 2000 Printprodukten. 60 Länder eroberte Hägar, mehr als seine echten Vorbilder, die vor über 1000 Jahren Europa und die Welt darüber hinaus in Schrecken versetzte. Heute wird der Comic-Strip von wechselnden Zeichnern fortgeführt, leider musste Chris Browne 2018 auch den Zeichenstift beiseitelegen, weil ihn ein Schlaganfall dazu zwang. Für den in der Egmont Comic Collection erschienenen Jubiläumsband verfasste er dennoch Grüße: "Ein herzliches Prost auf all die vielen Hägar-Abenteuer, die noch kommen werden." Wie sagte Hägar einmal zu seinem Sohn Hamlet: "Ich glaube, Bücher sind okay. Aber denk an die alte Redensart: Unwissenheit ist die Mutter des Abenteuers."