Das Prinzip der Culture-Clash-Komödie findet, allen voran im europäischen Sprachraum, weiterhin großen Anklang. Anno 2023 wirkt die Grundidee, die dem Genre unterliegt, aber etwas aus der Zeit gefallen. Was dringend benötigt wird, sind frische Ideen: mit seinem neuesten Film "You People" versucht Kenya Barris (unter anderem bekannt als Schöpfer der Erfolgssitcom "Black-ish") dem geläufigen "Culture Clash"-Modell einen progressiven Neuanstrich zu verpassen. Das Vorhaben geht zumindest teilweise auf.

Im Zentrum der Geschichte steht Ezra (Jonah Hill), der neben einem langweiligen Bürojob mit seiner besten Freundin (Sam Jay) einen hippen Podcast aufzieht. Besprochen werden (gesellschafts-)politische Umbrüche, momentane Internettrends und all das, was Amerika gerade so beschäftigt – man möchte jedenfalls den Zahn der Zeit treffen. In der Liebe scheint es für den Dauersingle hingegen nicht so richtig klappen zu wollen. Dann erweist sich jedoch ausgerechnet eine Zufallsbegegnung als der Glückstreffer schlechthin: als der jüdisch erzogene Podcaster das Auto der Afroamerikanerin Amira (Lauren London) versehentlich für einen Uber hält, entwickelt sich zwischen den beiden ein leidenschaftliches Gespräch. Aus dieser anfangs antagonistisch veranlagten Leidenschaft sollte noch wahre Liebe entstehen. Doch die beiden Frischverliebten eint auch eine gemeinsame Angst: die vor dem ersten (Aufeinander) treffen der Schwiegereltern. Was, wenn diese aufgrund kultureller Differenzen die neuen Partner nicht akzeptieren sollten? Beziehungsweise durch ewiggestrige Verhaltensmuster für unkomfortable Situationen sorgen würden? Als die Stunde der Wahrheit anbricht, bewahrheiten sich einige Vorbehalte. Kann die Liebe der beiden familiäre Diskrepanzen überdauern?

Die erste Hälfte der Komödie kann mit einer hohen Gagdichte aufwarten wie auch haarscharfen, satirischen Beobachtungen, in denen ein Kern von Wahrheit steckt. Clever werden kulturelle Stereotype demontiert und mittels spezifischer, tagesaktueller Referenzen durch den Kakao gezogen. Systematisch verinnerlichter Rassismus und Antisemitismus, vor denen selbst die noch so aufgeklärtesten Bobos nicht gefeit sein dürften, werden erschreckend zur Schau gestellt. Mittendrin dann aber der Bruch: Plötzlich geht dem anfangs lebhaften Film die Energie aus, plötzlich versucht man sich mit erzwungenem Melodrama versöhnlichen Rom-Com-Klischees zu unterwerfen. Eine dramaturgische Wende, die dem Ganzen angesichts der Schwere der Thematik ein zu simpel gestricktes Finale bereitet. Ein Glück, dass der hinreißende Cast sein Bestes leistet, um Ärgerlichkeiten zu kaschieren. Neben den beiden Hauptfiguren sind es eben die gegensätzlichen Elternpaare, die mit großer Hingabe verkörpert werden. Und zudem unter anderem auch von zwei wahren Größen des Comedyfachs: Eddie Murphy gibt den skeptischen Vater mit herrlich stoischen Blicken, während Julia-Louie Dreyfuss Ezras Mutter mit naivem Charme zum Leben erweckt, Boomer-Fremdscham inklusive. So sehr man aber auch dem aktuellen Zeitgeist gerecht werden möchte, überholte Erzählklischees kann auch diese hippe Variante der Culture-Clash-Komödie nicht gänzlich umgehen. Der Versuch alleine bleibt aber sympathisch.

Bewertung: ★ ★ ★ ☆ ☆ (3/5)

"You People" ist auf Netflix zu sehen.