Sie wolle „die Gäste nicht nach Status, Prominenz oder Titel aussuchen, sondern nach der Relevanz ihrer Geschichten“, gab Anne Will im Jahr 2007 Einblicke in ihr Konzept als Talkshow-Nachfolgerin von Sabine Christiansen. 16 Jahre später kann man durchaus behaupten, dass dieses Vorhaben gescheitert ist. Schon vor drei Jahren hat der Think Tank „Das Progressive Zentrum“ in der Studie die „Talkshow-Gesellschaft“ zusammengefasst, was kein Geheimnis ist: Viel zu oft sind sie eine politische Bühne, Leinwand für die Parteiagenda. 1208 Folgen von den vier bekanntesten deutschen Talk-Formaten – „Anne Will“, „Hart aber fair“, „Maischberger“ und „Maybrit Illner“ – wurden ausgewertet: 66 Prozent der Gäste waren aus den Bereichen Politik und Medien, Vertreter aus Wissenschaft und Zivilgesellschaft sind in der Minderheit. Medienwissenschaftler Rainer Winter von der Universität Klagenfurt teilt diese Kritik: „Polit-Talks sind vielfach unzeitgemäß, weil sie die Aufgabe einer demokratischen Funktion nicht mehr übernehmen – sie informieren uns nicht mehr über vielfältige Positionen, mit deren Hilfe wir zu einer eigenen Position kommen.“