Man möchte glauben, Udo Wachtveitl und Miroslav Nemec haben als "Tatort"-Darsteller schon alles gesehen. Seit dem 1. Jänner 1991 stehen sie gemeinsam vor der Kamera, lösen einen Fall nach dem anderen und es braucht einiges, um ihre Figuren Leitmayr und Batic zu überraschen. Mit ihrer 90. Episode, die den Titel "Mord unter Misteln" trägt, ist das gelungen: Als Kalli (Ferdinand Hofer) die Belegschaft zu einem vorweihnachtlichen Zusammensein einlädt, wissen die Kollegen noch nicht, dass es sich um ein Krimidinner handelt. Und als sie es herausfinden, ist es längst zu spät.
Der neue Münchner "Tatort" vermengt englische mit deutscher Krimi Tradition: Agatha Christie und "Tatort". Zugleich ist es die Transformation eines Brettspiels in eine reale Welt und eine zeitliche Transformation aus dem Jahr 2022 ins Jahr 1922. Denn der Film zeigt das Krimi-Spiel nicht etwa in der Realität, in der alle Beteiligten in Kallis Wohnung am Esstisch sitzen und trinken, sondern er lässt Charaktere und Zuschauer wirklich eintauchen in das gespielte Szenario des vorweihnachtlich geschmückten, englischen Herrenhauses von Lady Mona Bantam (Sunnyi Melles). Dort müssen die Kriminalisten herausfinden, wer den Butler getötet hat. Leitmayr wird zu Inspector Francis Lightmyer, Batic zu Constable Ivor Partridge - ein ungewohntes Machtgefälle, das Batic (aka Partridge) alles andere als gefällt.