"Abends habe ich immer den Kopf auf ihre Schultern gelegt und sie hat mir die Haare gestreichelt“, erinnert sich Amin an seine Mutter. Mitte der 1980er floh er aus Afghanistan. Zunächst nach Moskau, später mithilfe eines Schleppers nach Dänemark, wo er als unbegleiteter minderjähriger Flüchtling Asyl bekam. Er blieb.
Seinem Schulfreund, Jonas Poher Rasmussen, erzählt er Jahrzehnte später im berührenden hybriden Dokumentarfilm „Flee“ die Geschichte seiner Flucht. Amin spricht die Texte selbst. „Nachdem die Mudschahedin die Macht in Afghanistan übernommen haben, töteten sie meinen Vater, meine Mutter und meinen Bruder. Meine Schwester wurde entführt. Wenn ich geblieben wäre, hätten sie mich auch umgebracht“, liest er aus seinem Tagebuch vor. Es kam anders. Amin studierte und outete sich. Vor der Hochzeit will er seine Story aufarbeiten.
Die Animation schützt den Protagonisten vor den Lücken seiner Flucht-Biografie, lässt aber andererseits extrem viel Nähe, Subjektivität, Humor, Ironie und Gegenwartsbezug zu. Und die Ästhetik des eindringlichen, zigfach prämierten Films sorgt dafür, dass Dinge thematisiert werden, die nicht in Worte zu fassen ist.
Unglaublich berührend. In der Arte-Mediathek ist der dreifach oscarnonimierte und u.a. am Sundance Film Festival oder beim Europäischen Filmpreis vielfach ausgezeichnete Dokumentarfilm, der es hierzulande nicht regulär ins Kino schaffte, nun zu sehen.