Bevor Russland den Bild- und Videodienst Instagram verbot, betrieb man in Moskau offenbar noch einigen Aufwand, diesen zu klonen. Seit heute ist Rossgram online, eine Plattform, die vielen optisch vertraut vorkommen dürfte: Design und Funktionalität wurden schamlos von der amerikanischen Vorlage übernommen. Storys, Postings und Likes sind ebenso möglich wie das Taggen von Personen. Nur das Logo erinnert daran, dass es sich um eine Plattform unter anderen Vorzeichen handelt.

Die Ähnlichkeit soll den 80 Millionen russischen Insta-Nutzern den Umstieg erleichtern. Zum heutigen Online-Start erhielten zunächst Medienvertreter, Sponsoren und ausgewählte Blogger und Influencer die Möglichkeit, Rossgram auszuprobieren. Insbesondere Influencer versucht Moskau zu ködern: Sie erhalten spezielle Monetarisierungsformen.

Der undichte Käfig

Der Vorgang steht im Kontext einer repressiven Informationspolitik, die mit der Invasion in der Ukraine nur noch strenger wurde. Nicht nur wurden weitere unabhängige Medien verboten oder die Verwendung der Begriffe "Krieg" oder "Invasion" unter hoher Strafandrohung untersagt, auch Plattformen wie Facebook und Instagram wurden von einem Gericht wegen angeblicher "extremistische Aktivitäten" verboten.

Trotzdem bleibt die Informationsblase des Kremls erheblich durchlässiger als etwa jene Chinas, das seit Jahrzehnten an seiner Informationshoheit arbeitet. Noch abrufbar ist in Russland zum Beispiel Youtube, eine enorm wichtige Informationsquelle, wie ein Redakteur der Moskauer Zeitung "Nowaya Gaseta" schildert. 45 Millionen russische Nutzer würden darauf täglich zugreifen, das sei derzeit das größte Problem für die russischen Behörden, erzählt der Redakteur gegenüber der Kleinen Zeitung und ergänzt, Russland versuche derzeit eine digitale "Moskauer-Mauer" aufzubauen. Möglichkeiten zu unabhängigen, nicht vom Kreml kontrollierten Informationen zu kommen, bieten auch VPN-Tunnel. Zwar werden die Anbieter solcher Tunnel regelmäßig gesperrt, an sich ist die Benutzung jedoch einfach.