Bevor Mark Scout (Adam Scott) zur Arbeit geht, weint er. Wenn Mark Scout in der Arbeit ist, ist er fröhlich. Das könnte ein Akt fulminanter Schauspielerei sein, ist es aber nicht – es ist einer Technologie geschuldet, die die Firma Lumon Industries zum Markenzeichen erhoben hat. Ein implantierter Chip macht es möglich: Fein säuberlich wird das Leben getrennt – in Arbeits- und Privatleben. Work-Life-Balance in seiner unheimlichsten Form. Mark Scout hat also in der Arbeit keine Ahnung, wer Mark Scout im Privatleben ist vice versa. Er leitet eine Abteilung namens „Macrodata Refinement“, und was sie so tut, ist ihm selbst unklar.

Regisseur Ben Stiller inszeniert die Firma wie ein steriles Labyrinth: Neonlicht, elendslange, menschenleere weiße Gänge. Ein Hamsterbau ohne Anfang und Ende, mittendrin die fleißigen Hamster. Bis Helly (Britt Lower) auftaucht: Auch sie wollte das „Splitting“, aber in ihr wächst der Zweifel. Das macht Scout hellhörig, auch weil ein Arbeitskollege einfach so verschwindet. Ben Stiller hält in der neunteiligen Serie perfekt die Balance zwischen der nötigen Portion Humor und jenem Unbehagen, das einen ob dieser Inszenierung beschleicht.

Wobei die Serie keine Technikkritik übt, sondern eine normierte und optimierungssüchtige Gesellschaft überzeichnet. Der wachsende Widerstand, den Helly im Kleinen an den Tag legt, ist ein fulminanter Paartanz zwischen einem unerbittlichen System und einem Individuum, das den Kampf dagegen aufnimmt. Unheimlich, aber unheimlich gut.
Susanne Rakowitz

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