Er hat einem wirklich oft Leid getan - dieser wunderbare Schauspieler Devid Striesow musste von 2013 bis 2019 im "Tatort" von Saarbrücken so oft den Kasperl geben, dass man fast froh war, als dieser auf Biegen und Brechen alberne Kommissiar endlich vom sonntäglichen Bildschirm-Dienst entlassen wurde.
Am Ostermontag stellen sich nun die frischen Kommissare mit ihrem düsteren Fall "Das fleißige Lieschen" vor: Sie sind jung, schön und klug. Aber: Die Neuen sind alte Bekannte, Freunde aus Jugendtagen. Einer ist weggegangen, um aus der Hölle seiner Familie mit dem sadistischen Vater zu fliehen. Der andere ist da geblieben, hat aber Probleme, seine Dienstwaffe zu benützen. Beide sind zur Polizei gegangen und nun treffen sie sich wieder. Die Namen zum Merken: Adam Schürk (Daniel Sträßer) und Leo Hölzer (Vladimir Burlakov).
Schon die Eingangsszene gibt die Richtung für diesen Fall vor. Man sieht Adam Schürk mit seinem Rucksack in einem Fernbus sitzen. Die traurig monotone Landschaft zieht vorbei, weiter vorne quält ein Vater seinen Sohn. Als dieser aufs Klo geht, schleicht sich der Neo-Kommissar an, verpasst ihm eine, sodass der Vater außer Gefecht gesetzt ist. Ein Schlag für die Gerechtigkeit. Schnitt.
Zielgerichtet versus zögerlich
Während der eine nicht lange fackelt, hat der andere ein internes Verfahren anhängig, weil er in einer nicht ungefährlichen Situation zu zögerlich an der Waffe war. Nicht zum ersten Mal. Für Wiedersehensfreude bleibt den beiden kaum Zeit, denn ein erster Fall ruft: Ein unbeliebter Enkel und frischgebackener Erbe eines Familienunternehmens stirbt, nachdem er mit 60 Hieben hinter der Familienvilla zu Tode geschlagen wurde.
Nur kurze Zeit davor hat der alte grausame Familienpatriarch bei einer Firmenfeier öffentlich den einen Enkel beim Erbe bevorzugt und den anderen gemein grinsend übergangen. Niemand lässt ein gutes Haar an dem Toten. Willkommen in einer schrecklich kaputten Industriellenfamilie mit dunklen Schatten von einstiger Zwangsarbeit als Businessmodell, Vertuschung in der Nachkriegszeit und fehlenden Entschädigungsmaßnahmen. Der Fall reicht weit hinein in die Nazi-Zeit, ins Verdrängen der Nachkriegsjahre und in eine Welt, in der Faschismus in den Familien weiter tobte.
Spannendes Privatleben
Geschickt und beinhart wird die Story der beiden Kommissare von Drehbuchautor Hendrik Hölzemann und Regisseur Christian Theede mit jenen dieser reichen Familie verwoben. Eines ist jetzt schon klar: Die Story der Beamten ist bislang eine der spannendsten privaten Side-Storys der "Tatort"-Geschichte. Und es wird noch viel zu erzählen geben.
Dass man den beiden konträren Ermittlern ein Team mit zwei dumpfen, plappernden Ermittlerinnen (Brigitte Urhausen und Ines Marie Westernströer) gegenüberstellt, ist unnötig und - wir schreiben 2020 - auch ziemlich peinlich. Hoffentlich dürfen die beiden in den kommenden Fällen noch mehr zeigen, als bloß über Kollegen Hölzer abzulästern.
Dann wird Saarbrücken auf der "Tatort"-Landkarte demnächst hell leuchten - in diesem Fall ist damit eher düster gemeint. Nach Jahren des Herumalberns ein starker Neuanfang.