Donald Trump hat vor allem Twitter verstanden“, sagte Philipp Jessen, Ex-Stern.de-Chef und CEO von Storymachine beim Europäischen Mediengipfel in Lech. Trump liegt mit seinen 63,2 Millionen Followern auf Twitter vor den führenden US-Medien: CNN (41,8 Millionen) und New York Times (43,3 Millionen).


„In einer Zeit, in der jeder sein eigener Sender sein kann, ist die Rolle der Medien wichtiger geworden, um Wahrheit von Unwahrheit zu unterscheiden“, erklärte Jessen. Dem stimmte der Ex-Chefredakteur der „Bild“-Zeitung, Kai Diekmann, zu. Gemeinsam haben sie „Storymachine“ gegründet, um Kunden in puncto soziale Medien zu coachen. „Journalismus hat sein Veröffentlichungsmonopol verloren“, so Diekmann. „Die dunkle Seite der Macht“ verstehe die neuen Medien besser. Diese haben keine anderen Möglichkeiten, „ihre Inhalte zu verbreiten“, analysierte der hippe Unternehmer Jessen. Der Erfolg der AfD beweist das: „Alice Weidel hat mehr Follower als CDU und CSU zusammen.“

Die unentschlossenen 80 Prozent

Postings würden auf Facebook eine „organische Sichtbarkeit“ von einem Prozent erreichen. Je polarisierender ein Posting ist und je negativer (wütende oder traurige Smileys) die Reaktionen, desto größer die Reichweite. Das Wichtigste: Maßgeschneiderte Inhalte auf verschiedenen Kanälen. „Zehn Prozent lieben dich, zehn Prozent hassen dich. Interessant sind die unentschlossenen 80 Prozent.“ Die undurchsichtige 75-Personen-Firma legt zwar ihre Kunden nicht offen, laut Jessen gehört die CDU dazu.

Das stümperhafte Krisenmanagement der Partei auf das kritische Video des Youtubers „Rezo“, das bislang 16 Millionen Mal angeklickt wurde, bezeichnete er als „erschreckend“. Freilich lobte er jüngere Kampagnen wie den witzigen Schlagabtausch mit der NGO Greenpeace, nachdem diese das C aus der Parteizentrale „entführt“ hatten und ihm mit „Das C“ einen Twitter-Account schenkten.

Die CDU konterte mit dem Profil „Das Du“.

Das hat sogar Satiriker Jan Böhmermann beeindruckt.

„Was ich sage ist genauso wichtig, wie wann ich es sage“, unterstrich der CEO. Fehlende Medienkompetenz werde von der jungen Generation als Respektlosigkeit aufgenommen. „Wenn Tageszeitung voller Rechtschreibfehler und unscharfer Fotos erscheinen, nimmt man sie auch nicht als seriöses Medium wahr. Allein das richtige Nutzen der Kanäle ist eine Aussage“, führt er aus. Dem gegenüber stellte er die positive Social-Media-Kampagne der Berliner Verkehrsbetriebe (BVG), die mit selbstironischen und humorvollen Beiträgen ihren schlechten Ruf mit dem Hashtag #weilwirdichlieben drehen konnten.