Drei Zahlen, drei Jahre, drei Wendepunkte: 1988 – 1998 – 2006. Das Leben von Natascha Kampusch verlief in der Vergangenheit nicht geradlinig, ist geprägt von den acht langen Jahren, die sie in der Gefangenschaft von WolfgangPriklopil verbrachte, bis ihr im August 2006 schließlich die Flucht gelang. Wer glaubte, die Zeit der Martyrien wäre damit vorüber, irrte. Weil sich die selbstbewusste junge Frau nicht der ihr zugewiesenen Opferrolle fügen wollte, sie für sich und nicht für ihr Schicksal stehen wollte, machte sie der Mob im Internet zu einem Opfer der anderen Art: In Online-Foren wird sie bis heute beschimpft, angefeindet, verspottet. Der Hass im Internet wurde ihr geschmackloser Begleiter.

Aber sie wäre nicht Natascha Kampusch, hätte sie es dabei belassen. In einem Akt der Selbstermächtigung, die eigenen Erfahrungen produktiv und therapeutisch umzusetzen, verfasste die mittlerweile 31-Jährige mit „Cyberneider“ ein Buch über Diskriminierung, Mobbing und Hass im Netz. Darin fordert sie härtere Strafen für Cyber-Mobber und eine Art internationale „Internet-Polizei“, die bei Vergehen eingreifen und Betroffenen helfen soll. Hass-Opfern rät sie, die Angriffe nicht still zu ertragen, sondern zu dokumentieren und die Behörden einzuschalten.

„Man hat mich schon habgierig, mediengeil, verlogen oder fresssüchtig geschimpft“, schreibt Kampusch in ihrem dritten Buch. Woher der Hass komme, habe sie bis heute nicht verstanden: „Sie sehen mich lächeln und kommen gar nicht auf die Idee, dass ich mich, gerade weil ich so viel Schreckliches durchgemacht habe, so freue, auf der Welt zu sein und meine Freiheit zu genießen.“