Es hätte auch der Beginn eines Witzes sein können: Stehen vier Römer da und fürchten sich vor den Kelten. Doch ganz so lustig ist es zumindest für die vier Römer nicht, die partout nicht nach Britannien mitfahren wollten, weil dort eben „Teufel und Dämonen“ herrschen. Wie immer gilt aber die alte Regel: Der Teufel ist meist näher, als man denkt, und so fahren die vier Römer nicht mit nach Britannien, sondern direkt in die ewigen Jagdgründe, denn auf Desertieren steht die Todesstrafe.
Somit ist die erste Begegnung mit dem römischen Feldherren Aulus Plautius (David Morrissey) schön blutig. Zufall ist das keiner, er hat eine Agenda: Wir schreiben das Jahr 43 nach Christus und er will das schaffen, was Cäser misslungen ist - die Kelten unterwerfen. Am Zielort hat zur gleichen Zeit ein Druide eine gar böse Vorahnung, die er wenig mystisch zusammenfasst: „Oh, shit!“ Und ja, da kommt etwas Großes angebraust: Mit 400 Schiffen und 20.000 Soldaten bläst Aulus Plautius zum Angriff.
Schon beim ersten Dorf zweifelt niemand mehr an der Schlagkraft der Römer. Gefackelt wird nicht lange, Mitleid ist überbewertet, Gnade sowieso und inmitten von Feuer, Rauch und wildem Geschrei rammt ein Legionär das Manifest der Macht, den Legionsadler, in die von Blut getränkte Erde. Das hätte man auch gut so verstanden, aber Aulus Plautius will doch sichergehen, dass es alle verstanden haben: „Wo ich gehe, ist Rom.“
Doch ganz so einfach machen es ihm die Kelten in „Britannia“ nicht, wiewohl sie es sich selbst auch nicht ganz so einfach machen. So zumindest hat es Drehbuchautor Jez Butterworth, verantwortlich für den letzten Bond „Spectre“, für die neun Folgen vorgeschrieben. Epische, archaische Bilder - hauptsächlich gedreht in Tschechien - die die prächtige Kulisse für ein Gerangel um Macht und Vorherrschaft bilden. Immerhin treffen die Römer auf Clans, die sich untereinander alles andere als grün sind. Genau hier wittern die Römer, die nicht nur Schlächter, sondern auch Taktiker sind, ihre Chance: Der Feind meines Feindes ist mein Freund, so die Eintrittskarte im Spiel um die Vorherrschaft, die eben nicht im Tanz um einen eisernen Thron endet.
Fans von „Game of Thrones“ dürften dennoch ihre Freude haben, auch wenn man Drachen hier vergebens sucht. Auf Hokuspokus jedoch braucht man nicht zu verzichten. Die Druiden - eine Gruppe schräger Hippies, denen man im finsteren Wald wohl nicht begegnen möchte - sind seit jeher durch ihre Prophezeiungen und Beschwörungen das Zünglein an der Waage der Mächtigen. Eine praktische Arbeitsteilung, denn Chef-Entscheidungen werden so de facto nie infrage gestellt.
So kann der Zuschauer die Genese unterschiedlichster Charaktere verfolgen, die auch mit Humor um ihr Leben rennen oder plötzlich in die Chefetage aufrücken. Und keine Sorge, auch körperlich nähert man sich hin und wieder an. „Britannia“ ist aber vor allem ein Spielfeld des Eroberns, Unterwerfens und der Allianzen.
Zumindest auf den ersten Blick ist auch hier Aulus Plautius der Klassenprimus, denn mit einer Erkenntnis hat er den Kelten etwas voraus: „Du besiegst sie nicht, indem du ihre Kämpfer besiegst, sondern indem du ihre Götter bekämpfst.“ Weise Worte.