Mit 80 Millionen Visits pro Monat ist ORF.at absoluter Marktführer bei Onlineportalen. Pro Monat nutzen laut ÖWA Plus rund 1,2 Millionen Menschen das ORFsche Video-on-Demand-(VOD)-Angebot ORF-TVthek. Verantwortlich für den Onlinebereich im ORF ist Thomas Prantner, der seit rund 30 Jahren im öffentlich-rechtlichen Sender arbeitet, gut 20 Jahre in Spitzenpositionen.
Heuer im April sorgte er in einem „profil“-Interview mit der Formulierung „Es ist unzumutbar für einen öffentlich-rechtlichen Rundfunk, wenn das TV-Studio wie ein Verhörraum oder eine Anklagebank wirkt“ für Aufruhr. Eine gestreckte Gerade in Richtung ZiB-2-Moderator Armin Wolf, ohne dessen Namen zu nennen, die ihm viel Kritik von Redakteursrat und Betriebsrat, aber auch Zustimmung eintrug. Das umstrittene Interview Prantners war dem Vernehmen nach mit der Geschäftsführung akkordiert, alle ORF-Regulative zum Thema Stellungnahmen in der Öffentlichkeit wurden eingehalten.
Ideologie: "bürgerlich-unabhängig"
Bei diesen Regulativen kennt er sich aus. Schließlich war er Pressesprecher beim seinerzeitigen Informationsintendanten Johannes Kunz, der ihn kaltstellen wollte, als sich Prantner 1994 bei der Geschäftsführungsbestellung durch das ORF-Kuratorium auf die Seite vom Gerhard Zeiler schlug. Kurz war Prantner Zeilers Büroleiter, ehe er bis 2002 Sprecher des Unternehmens wurde.
Die Generaldirektorin Monika Lindner beförderte ihn zum Leiter „Zentrales Marketing“. Schließlich bastelte der Manager, der sich politisch als „bürgerlich-unabhängig“ bezeichnet, mit ausgezeichneten Kontakten ins FPÖ-Lager an der Regenbogenkoalition zur Inthronisierung von Alexander Wrabetz zum ORF-Generaldirektor ab 1. Jänner 2007 und wurde dafür mit dem Posten des Online-Direktors belohnt. 2009 etablierte er die ORF-Videoplattform TVthek, auf deren durchschlagenden Erfolg er zu Recht stolz ist. Die ORF-Gesetzesnovelle von 2010 reduzierte das Direktorium, wodurch Prantner zum stellvertretenden Technikdirektor und Hauptabteilungsleiter Online mutierte. Sehr zum Missfallen des ORF-Redakteursrats, der Prantners Bestellung vor der Medienbehörde und dem Verfassungsgerichtshof bekämpfte. Vergeblich.
Der letzte Mohikaner
Prantner, „der letzte Mohikaner“ des ursprünglichen Wrabetz-Teams, sitzt neben den ehemaligen Landesdirektoren Roland Brunhofer und Karlheinz Papst und dem Chefproducer TV Roland Weissmann in der sogenannten Transformer-Gruppe, die für die Geschäftsführung nach Einsparungspotenzialen in den ORF-Strukturen sucht. Für die nächsten fünf Jahre versprach Wrabetz ein Sparpaket in der Höhe von 300 Millionen Euro. Ein ehrgeiziges Unterfangen. Prantner: „Die Transformer-Group hat die Aufgabe, an der notwendigen ORF-Strukturreform mitzuwirken, Doppelgleisigkeiten in der Ablauforganisation aufzuzeigen und Optimierungsvorschläge in den Bereichen Produktion, Beschaffung und Verwaltung zu machen. Die Entscheidung über die umzusetzenden Maßnahmen trifft die Geschäftsführung.“
Prantner zur Firmenstrategie
Ab der Saison 2018/19 sind die Übertragungsrechte für die Champions League Geschichte, was natürlich einen herben Programmverlust bedeutet. Prantner verlässt bezüglich internationaler Sportrechte der Optimismus. „Der Trend geht in die Richtung, dass Pay-Anbieter mit scheinbar unbegrenzten finanziellen Ressourcen versuchen, die Rechte an massenattraktiven Sportarten aufzukaufen. Tatsache ist, dass es damit für Free-TV-Sender, ob öffentlich-rechtlich oder privat, immer schwerer werden wird, entsprechenden Livesport anzubieten. Das gilt fürs lineare TV genauso wie für Streaming bzw. VOD-Highlights in Online-Mediatheken und Apps.“ Aber als kleiner Trost: „Der nun auslaufende Champions-League-Vertrag sichert den ORF-Fußballfans noch die CL-Saison 2017/18. Und wir werden diese im Web in der ORF-TVthek und auf unserer ORF-Fußball-App wie bisher live streamen.“
Die Möglichkeiten des ORF, im digitalen Bereich eine offensive Strategie zu fahren, sind vom Gesetzgeber her limitiert. Prantner zur Firmenstrategie: „Von Beginn an war es Ziel der ORF-TVthek, die durch die digitalen Möglichkeiten steigenden Bedürfnisse des Publikums in Bezug auf zeit- und ortsunabhängig nutzbare TV-Contents bestmöglich abzudecken.“
Die weitere Karriere Prantners im ORF kann spannend werden. Er meint dazu: „Ich habe einen Vertrag als Online-Chef bis Ende 2021, was danach ist, werden wir sehen ...“
Reinhold Reiterer