Was passiert im heutigen „Tatort“?
Es ist Kieler Woche, die Stadt im Feiertaumel. Der Krimi lenkt den Blick auf die depressiven Ecken, er zeigt die Hafenstadt als Auffangbecken für Alkoholiker, Suchtkranke, Verdammte. Mittendrin wird eine Frau erschlagen, brutalst. Der Täter verschwindet wieder in die Anonymität. Dann werden Klaus Borowski (Axel Milberg) und Sarah Brandt (Sibel Kekilli) mit Spuren von Sprengstoff konfrontiert. Plant der Mann einen Anschlag?
Gibt es ein übergeordnetes Thema?
Verzweiflung auf allen Linien. Das implizite Motiv des Falls ist Sucht: Borowski hätte man in Besoffski umbenennen müssen, Brandt frönt der Tablettensucht. Und der Täter (grandios: Misel Maticevic) nimmt die Zuschauer mit in den Drogensumpf. Harte Kost zum Sommerstart.
Was ist das Besondere an dem Fall?
Die Drehbuchvorlage stammt aus der Feder des verstorbenen schwedischen Bestsellerautors Henning Mankell. Und „Borowski und das Fest des Nordens“ ist der Abschiedsfall von Kekilli, die schauspielerisch müde wirkt.
Woran hakt es bei diesem Krimi?
Welchen Kummer Borowski ertränkt, bleibt unklar. Der Fall hätte eigentlich an einen anderen Kieler „Tatort“ anknüpfen sollen, dann wurden aber zwei andere Borowski-Folgen ausgestrahlt. Deswegen geht auch Kekillis Rücktritt völlig unter.
Muss man heute einschalten?
Ja – denn noch weiß niemand, wie viele Wochen man wirklich auf einen neuen „Tatort“ warten muss.
Wie fällt die Bilanz dieser "Tatort"-Saison aus?
Diese „Tatort“-Saison ist von Ausstiegen gepflastert: Harald Schmidt ist weg, noch bevor er da war. Andreas Hoppe verlässt Ludwigshafen, die Bremer Ermittler flüchten in die „Tatort“-Pension und der Posten in Konstanz wurde zugesperrt.
Und abseits der Personalrochaden?
gilt die seit 2010 kraftvoll forcierte Verjüngungs- und Charakteraufbauphase der Teams in Berlin, Frankfurt, Weimar oder Dortmund als abgeschlossen.
Noch nie war die „Tatort“-Riege so divers, sperrig und eigensinnig wie heute. Mission geglückt. Bleibt also künftig hoffentlich mehr Zeit für gute Drehbücher und bessere Programmplanung: Je drei Fälle aus München und Köln alleine seit Weihnachten müssen da echt nicht sein. Wir Fans konzipieren unseren Sonntag ja auch um die Krimireihe.