Nach 270 Ausgaben "Im Zentrum" binnen neun Jahren leitete Ingrid Thurnher den ORF-Talk am Sonntag zum letzten Mal. In dieser Zeit begrüßte die 54-jährige Vorarlbergerin ca. 1500 Gäste. 2017 wird Thurnher Chefredakteurin von ORF III und Claudia Reiterer übernimmt "Im Zentrum".
Frau Thurnher, was wäre Ihr liebstes Thema für die letzte Ausgabe von "Im Zentrum" unter Ihrer Leitung gewesen?
INGRID THURNHER: Die Neuordnung der Weltpolitik mit Trump, Putin und Merkel. Die wollten aber nicht.
Welchen Gast haben Sie wohl am öftesten begrüßt?
INGRID THURNHER: Vermutlich Peter Filzmaier.
Wen hätten Sie gerne begrüßt, kam aber nie?
INGRID THURNHER: Arnold Schwarzenegger.
Ein Weggang von der großen Bühne in ORF 2 hin zum Spartensender ORF III wirkt auf den ersten Blick wie ein Schritt zurück. Warum der Wechsel?
INGRID THURNHER: Ich habe alles moderiert, was es an spannenden Info-Sendungen und Formaten zu moderieren gab. Ich wüsste nicht, was mich da noch reizen sollte. Und wer glaubt, Journalismus sei aufs Moderieren beschränkt, der hat selbst einen beschränkten Blick. Ich stelle mir die Kommandobrücke gerade sehr viel reizvoller vor.
Immer wieder melden sich bei uns verärgerte ORF-Seher, die sich über die ungehobelte Gesprächskultur in „Im Zentrum“ oder an „Runden Tischen“ beklagen. Dabei wird sehr gerne auf die Diskussionssendungen in der ARD und im ZDF verwiesen, wo es gesitteter zugehe. Verstehen Sie solche Unmutsbekundungen?
INGRID THURNHER: Ja klar. Überall anders ist immer alles besser als bei uns. Nein, im Ernst: Wenn ich in Deutschland bin, sagen mir die Kollegen dort genau das Gegenteil. Also man sollte schon die Kirche im Dorf lassen. Aber eines trifft sicher zu: Es gibt in Deutschland rein mengenmäßig mehr erfahrene Talkgäste, die wissen, worauf es in einer solchen Sendung ankommt. Da haben wir in Österreich sicher noch Entwicklungspotenzial.
Fanden Sie sich als Diskussionsleiterin hin und wieder zu wenig streng?
INGRID THURNHER: Nein.
Wie schwer ist es, mögliche Diskutanten für ORF-Talks zu bekommen? Kommt denn jeder, den man anfragt, oder ganz im Gegenteil?
INGRID THURNHER: Mal so, mal so. Im politiknahen Bereich gehört die öffentliche Diskussion – auch im TV – quasi zur Job-Description. Wer seinen Job nicht per se öffentlich ausübt, sieht oft auch keinen Grund, sich öffentlich darzustellen. Das muss man auch verstehen.
Was ist Ihre schönste Erinnerung beim Blick zurück auf Ihre neun Jahre bei "Im Zentrum"?
INGRID THURNHER: Die Arbeit an Sonderformaten wie zum Beispiel den Wahlkonfrontationen. Das war so eine Mischung aus Boot-Camp und Ferienlager – mit Schokobananen als Hauptnahrungsmittel. Diese Sendungen haben uns als Team unglaublich gefordert, aber auch sehr zusammengeschweißt.
Ihre ärgerlichste Erinnerung?
INGRID THURNHER: Dutzende Frauen einladen, nur Absagen bekommen und dafür dann noch öffentlich für einen zu geringen Frauenanteil gescholten werden.
Christoph Steiner