ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz hat am Mittwoch im Publikumsrat jede Menge Argumente aufgefahren, warum die von ihm geplante Anhebung der Programmentgelte gerechtfertigt ist. Zugleich kritisierte er die NEOS - ohne deren Namen zu nennen - für ihre Anti-Gebühren-Aktion: Diese wollten, "dass der ORF überhaupt abgeschafft oder zerschlagen werden soll".
Den ORF aus dem Bundesbudget zu dotieren, sei undenkbar, so Wrabetz. Eine Rundschau in Europa zeige, dass unabhängig agierende Sender überwiegend gebührenfinanziert würden. "Offensichtlich nimmt man sich hier Weißrussland oder Ungarn zum Vorbild", sagte er zu entsprechenden Überlegungen in der Politik. Schützenhilfe kam von Publikumsrat Matthias Karmasin: "Die Finanzierung von Fernsehen und Radio aus den Budgets trägt mit Sicherheit nicht zu einer Entpolitisierung bei", hielt der Kommunikationswissenschaftler fest. "Das ist empirisch nachgewiesen."
Kritik an der "Stärkung" deutscher Konzerne
Wrabetz bekräftigte die Argumente des ORF: Die Werbeerlöse des Öffentlich-Rechtlichen lägen mittlerweile unter jenen der deutschen Werbefenster - daran habe nicht zuletzt eine Medienpolitik schuld, die "deutsche Konzerne" stärke. 96 Prozent aller Haushalte seien vom Gebührensystem erfasst, die Gebührenbefreiungen würden nicht mehr refundiert. Der ORF habe seit der letzten Gebührenperiode "zusätzliche Aufgaben" übernommen (Stichwort ORF III, ORF Sport+ oder TvThek): "In Summe geben wir für neue Produkte und erweiterte Aufgaben 67 Millionen Euro mehr aus."
Bei den Publikumsräten bedankte sich der ORF-General schon vorsorglich, dass sie zur außertourlichen Plenarsitzung am 16. Dezember - um einen Tag nach der Sitzung des Stiftungsrats über den Gebührenantrag zu befinden - bereit seien. ÖVP-Vertreter Andreas Kratschmar zeigte sich allerdings empört: Der Termin sei "indiskutabel", weil "so gelegt, dass man von einem Abnicken im Publikumsrat ausgeht. Dafür stehe ich nicht zur Verfügung. Das ist ein Foul am Publikumsrat und auch ein Foul am Publikum."
"Werbeveranstaltung für Gebührenerhöhung"
Inhaltlich wähnte sich Kratschmar "im falschen Film", denn offenbar sei die heutige Sitzung "eine Werbeveranstaltung für die Gebührenerhöhung". Dass sich die Grüne Rätin Eva Blimlinger sogar eine höhere Anpassung wünscht - ihr wären 10 Prozent lieber gewesen, wie sie sagte -, quittierte Kratschmar kopfschüttelnd. Zustimmung gab es aber von ihm, was eine ORF-Finanzierung aus Steuergeld betrifft: Dies wäre ein "ordnungspolitischer Murks der Sonderklasse".
ORF-Fernsehdirektorin Kathrin Zechner versicherte dem Publikumsrat in ihrem Vortrag, dass man 2017 trotz angespannter Budgetsituation "ein inhaltliches Feuerwerk in allen Genres" plane. Derzeit in der Angebotsvorprüfung bei der Medienbehörde KommAustria befinde sich auch eine Ausweitung der mobilen "ZiB100", die künftig mehrmals am Tag und auch auf ORF eins ausgestrahlt werden soll.
Wrabetz hatte diese Woche seinen per Gesetz fälligen Gebührenantrag an den ORF-Stiftungsrat verschickt, der eine Anhebung um 7,7 Prozent vorsieht. Der Stiftungsrat hat am 15. Dezember darüber zu befinden. Der Publikumsrat könnte diesen Beschluss nicht gänzlich ablehnen - fällt seine Stellungnahme negativ aus, müsste der Stiftungsrat aber einen Beharrungsbeschluss fassen. Wrabetz beteuerte, die kurzfristige Terminplan sei "wirklich keine Missachtung des Publikumsrats". Es handle sich aber um eine besondere Situation.
Schlagabtausch zwischen Wolf und Strolz
Rund um die NEOS-Petition gegen die ORF-Gebühren gab es am Mittwoch einen Twitter-Schlagabtausch zwischen der pinken Partei und ORF-Anchorman Armin Wolf. Dessen Mailadresse war offensichtlich in der Online-Petition eingetragen worden, denn er hatte ein entsprechendes Mail der NEOS erhalten. "Sie glauben nicht ernsthaft, dass ich Ihre Aktion zur Zerschlagung des ORF unterschrieben habe, oder?" twitterte er an die Adresse von NEOS-Chef Matthias Strolz. Die NEOS stellten in einer Reaktion in den Raum, dass der Mail-Header gefälscht sein könnte.