Österreichs Privatsender machen gegen eine Erhöhung der ORF-Rundfunkgebühren mobil. Der Verband Österreichischer Privatsender (VÖP) sprach sich am Dienstag vielmehr für eine Reduktion der ORF-Programmentgelte aus und präsentierte eine Untersuchung, wonach die Österreicher bereits jetzt die höchsten Rundfunkgebühren in ganz Europa zahlen. Der ORF weist die "Falschmeldungen" der Privatsender allerdings scharf zurück. Details hier.
Hintergrund: Der ORF muss bis Jahresende einen Antrag auf Neufestsetzung der Programmentgelte stellen. Erwartet wird ein Antrag auf Erhöhung. Rund um die ORF-Wahl im Sommer kursierten rund zehn Prozent als möglicher Ansatz. Ohne Gebührenanpassung drohe dem Sender eine Finanzlücke von um die 100 Millionen Euro, hieß es damals aus dem ORF.
Die heimischen Privatsender rechnen nun damit, dass ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz eine Erhöhung von fünf bis sechs Prozent fordern wird. Die privaten Anbieter wollen in den kommenden Wochen mit verschiedenen Aktivitäten gegen eine Erhöhung, die durch den ORF-Stiftungsrat abgesegnet werden muss, mobilisieren. "Ein klares Nein zu jeder Erhöhung der ORF-Programmentgelte und ORF-Gebühren, Ja zu einer Reduktion der Programmentgelte und Gebühren", sagte VÖP-Vorsitzender Ernst Swoboda.
"Es geht uns nicht darum, den ORF infrage zu stellen oder den ORF zu schwächen. Der ORF soll ausreichend finanziert werden. Die Frage ist, wie und wie hoch ist sie notwendig und wie hoch ist sie im Markt verträglich." Eine Gebührenerhöhung würde laut Swoboda die Schieflage am dualen Rundfunkmarkt nur verstärken. "Die Programmentgelte sind so hoch bemessen, dass der ORF damit auch Programme bringt, die außerhalb des öffentlich-rechtlichen Auftrags liegen und die Privatsender behindern." Mit den vom ORF kolportierten Finanzlücken spiele der Sender "ein bisschen Drama". Würde man die Rundfunkgebühr auf alle Gebührenpflichtigen umlegen, sei sogar eine Reduktion der Programmentgelte möglich, findet man bei der Privatsender-Vertretung.
Der Regulierungsexperte und Berater Alexander Zuser präsentierte eine Untersuchung, wonach die Rundfunkgebühren für Österreichs Haushalte die höchsten in ganz Europa sind. Ähnlich hohe Gebühren würden nur in den deutschsprachigen Nachbarländern sowie in Skandinavien bezahlt. Nach den Berechnungen zahlt ein Haushalt in Österreich kaufkraftbereinigt pro Jahr 269,8 Euro und damit um sechs Prozent mehr als in der Schweiz (253,4 Euro) und um 28 Prozent mehr als in Deutschland (210,4 Euro).
Eine Reduktion der ORF-Programmentgelte sei aus Sicht der Privatsender wirtschaftlich machbar. Einsparungspotenziale orten sie etwa bei den Rechtekosten oder Marketingbudgets des öffentlich-rechtlichen Senders. "Wir sehen in der täglichen Praxis, wie unsparsam und unwirtschaftlich der ORF handelt. Der ORF kauft Rechte ein, die für die Erfüllung des öffentlich-rechtlichen Auftrags nicht notwendig sind, und er kauft Rechte zu überhöhten Preisen ein", meinte Puls 4-Chef Markus Breitenecker. Bei Film- und Sportrechten kaufe der ORF etwa "den gesamten Markt leer".
Daneben könnten etwa auch die Marketingaufwendungen des ORF auf ein marktübliches Ausmaß reduziert werden, ergänzte VÖP-Vorsitzender und Kronehit-Geschäftsführer Swoboda. "Der ORF ist nach der Stadt Wien zweitstärkster öffentlicher Werber." In den letzten beiden Halbjahren habe der Sender laut Medientransparenzdatenbank zwölf Millionen Euro netto für Werbeaktivitäten ausgegeben. Allein für das ORF-Radio Ö3 würden im Jahr knapp drei Millionen Euro brutto für Imagewerbung ausgegeben. "Da könnte man problemlos einsparen, ohne den öffentlich-rechtlichen Auftrag zu gefährden."