Unzählige politische Dokus haben die Mediatheken von Arte und ARD im Portfolio. Für Zuschauer aus Österreich ist allerdings oft nicht das vollständige Angebot abrufbar: Geoblocking – also der Gebietsschutz von TV-Angeboten – verhindert mitunter den Zugriff. Etwa auf die aktuell viel besprochene Doku „Angela Merkel – Schicksalsjahre einer Kanzlerin“ zum morgigen 70. Geburtstag. Für Österreicher bleibt nur die lineare Ausstrahlung – Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB) zeigt die Doku am Mittwoch um 20.15 Uhr.
Andere politische Dokus sind jederzeit abrufbar. Wie das Zeitdokument „Wir waren in der AfD“ (ARD) über die Mechanismen der politischen Radikalisierung, nicht aus dem Elfenturm beobachtet, sondern aus der Innensicht ehemaliger Mitglieder. Sie beschreiben die Logik in einer Partei, für die sie nicht mehr stehen wollen. Die Ausstrahlung im Frühjahr erreichte Topquoten. Die seit Jahren zirkulierende Idee, die insbesondere mit dem belgischen Historiker David Van Reybrouck assoziiert wird, statt demokratisch zu wählen die Volksvertreter zu losen, greift die Doku „Sollten wir losen statt wählen?“ (ARD) auf.
Viele sehenswerte politische Filme sind zwar online abrufbar, allerdings nur gegen Gebühr. Wie „The Dissident“, die filmische Aufarbeitung des Mordes am Journalisten Jamal Khashoggi. Der Doku-Thriller, der bei seiner Premiere am Sundance Festival-gefeiert wurde, steht für die Brisanz des Genres für Streamingdienste: Netflix schreckte davor zurück, den Film in sein Portfolio aufzunehmen. Regisseur Bryan Fogel hatte dafür eine Erklärung parat: Das Thema sei zu brisant für größere Unternehmen, die finanzielle Verbindungen nach Saudi-Arabien haben, erklärte er einmal gegenüber dem Magazin „Variety“.
Heute lässt sich „Dissident“ unter anderem über Prime Video ausleihen oder erwerben – ebenso wie eine Doku, die in Österreich zumindest medial Wellen schlug: Kurt Langbeins Sebastian-Kurz-Doku „Projekt Ballhausplatz“. Die Aufarbeitung der Berichterstattung über die Ibiza-Affäre, „Hinter den Schlagzeilen“, ist leider in keiner Flatrate enthalten, immerhin aber über die Amazon Prime Good Movies im Gratis-Testabo abrufbar.
Mutiger als bei „The Dissident“ war Netflix auf der anderen Seite des Globus, in Brasilien: Eine Geschichte des politischen Niedergangs hat „Am Rande der Demokratie“ zu erzählen, eine Chronik über die grassierende Korruption im brasilianischen Machtapparat, nicht nur unter der Präsidentschaft Jair Bolsonaros. Regisseurin Petra Costa wählt bei ihrer Aufarbeitung der vergangenen 30 Jahre einen brisanten roten Faden, der das Land trennt: in besitzende und nicht besitzende.
Wer mehr über den amtierenden US-Präsidenten herausfinden möchte, wird auf Arte fündig. Der nicht mehr ganz taufrische (2021) Film „Joe Biden“ basiert auf drei Ebenen: Mensch, Politiker und Präsident. Ob Biden im November noch einmal gewählt wird, entscheidet sich u. a. im Swing State Ohio. Das filmische Porträt „American Factory“ (von den Obamas produziert, zu sehen auf Netflix) über den industriellen Niedergang Ohios brachte den Regisseuren Julia Reichert und Steven Bogner einen Oscar ein. Interessantes Thema: Ein chinesischer Investor kaufte dort ein verlassenes Werk von General Motors und 2000 Arbeitsplätze ermöglicht. Auf die Hoffnung folgte Ernüchterung.