Ein Leben für die Menschlichkeit – Abbé Pierre

Priester, Philanthrop, proletarischer Revolutionär: Für Henri Grouès war christliche Nächstenliebe mehr als nur eine dahergesagte Floskel. Wegen seiner humanitären Arbeit wurde der einstmalige Kapuziner, der den Orden krankheitsbedingt früh verließ, noch zu Lebzeiten zur Heiligenfigur hochstilisiert; als Armenpfarrer Abbé Pierre ging er später in die Geschichtsbücher ein. Dem französischen Nationalhelden hat Regisseur Frédéric Pierre nun ein filmbiografisches Denkmal gesetzt, das die Verdienste des 2007 verstorbenen Menschenfreunds ausreichend würdigt – bis hin zur Gründung der bis heute aktiven Wohltätigkeitsorganisation „Emmaus“.

Benjamin Lavernhe verkörpert den Mann, der prinzipienfest gegen die chronische Unterdrückung sozial geschwächter Gruppen, gegen Leid und Obdachlosigkeit aufstand, mit einer überzeugenden Mischung aus Sanftmut und Sytemwut. In Momenten wird der religiöse Verehrungskult um seine Person jedoch eine Spur zu dick auftragen. (Christian Pogatetz) Bewertung: ●●●○○

MaXXXine

Zwei Jahre, nachdem US-Regisseur Ti west mit „X“ einen Überraschungshit landete, und kurz darauf mit der heimlich gedrehten Vorgeschichte „Pearl“ nachlegte, geht die Horror-Reihe mit „MaXXXine“ nun ins Finale. Erneut ist Mia Goth in der Hauptrolle zu sehen, diesmal wieder als die einzige Überlebende Maxine aus dem Massaker in „X“. Noch immer fest entschlossen, in Hollywood ein Star zu werden, heuert sie bei einem großen Filmprojekt an.

Doch während sie sich auf die Dreharbeiten vorbereitet, beginnt ein mysteriöser Mörder jene Leute zu töten, die Maxine nahestehen. Während der erste Teil genussvoll 70er-Slasher und Porno-Exploitation verband, und der zweite eine grelle bunte Horrorwelt schuf, kann der dritte Teil trotz solcher Namen wie Elizabeth Debicki, Michelle Monaghan, Bobby Cannavale, Giancarlo Esposito oder Kevin Bacon nicht zu sehr begeistern. Das 80er-Jahre-Setting ist stimmig, die Synth-Musik poppig, doch das Dazwischen einfach zu behäbig. (Susanne Gottlieb) Bewertung: ●●●○○

Das Zimmer der Wunder

Gerade noch ist er neben ihr auf seinem Skateboard gefahren, nun liegt er nach einem Unfall im künstlichen Koma. Thelma (Alexandra Lamy) steht vor der schwierigen Erkenntnis, dass sie als Mutter dem Schicksal ihres Sohnes Louis hilflos ausgeliefert ist. Doch als sie in seinem Zimmer ein Notizbuch mit einer To-do Liste für ein drohendes Ende der Welt findet, fasst sie einen Entschluss.

Indem sie all diese Punkte abarbeitet, will sie Louis motivieren, wieder aufzuwachen. Manche Punkte, wie sich bei der Mitschülerin zu entschuldigen, sind leicht. Andere, wie ein Autogramm von einem Manga-Künstler oder den leiblichen Vater kennenzulernen, schwieriger. Der Film versucht sich nur bedingt in melodramatischen Wohlfühlmomenten. Vielmehr interessiert ihn die Reise von Thelma von einer Mutter, die bis zum Unfall ihre Wünsche auf den Sohn projiziert hatte, zu einer Frau, die sich selbst und ihren Sohn neu kennenlernen muss. (Susanne Gottlieb) Bewertung: ●●●○○

A Killer Romance

Leidenschaftliche Romanzen sind für Richard Linklater eine gemähte Wiese: In den Neunzigern hat er Ethan Hawke und Julie Delpy während einer Zugfahrt ins verträumte Wien unsterblich ineinander verlieben lassen; es folgte die vielleicht schönste Liebestrilogie der jüngeren Filmgeschichte. Zu einem heißen Flirt der etwas anderen Art kommt es im neuesten Geniestreich des texanischen Indie-Film-Wunderkinds. Gary Johnson - Psychologieprofessor bei Tag, nachtsüber für die Polizei im Einsatz – muss sich neuerdings verdeckt als Auftragsmörder ausgeben.

Die Verwirr- und Verkleidungsspielchen machen ihm großen Spaß; endlich darf er mehr sein als nur der unauffällige Durchschnittsbürger. Das neuentdeckte Charisma (von Hauptdarsteller Glen Powell lässig in die Tat umgesetzt) lässt den Scheincasanova allerdings eine Grenze überschreiten: eine Klientin (Adria Arjona), die der mutmaßliche Killer dingfest machen soll, wird zu seiner Angebeteten. Was dabei herauskommt, ist die ultimative Rom-Com des Sommers: verspielt und clever, mit einem Hauch von Neo-Noir und Sexappeal ohne Ende. Eine Killer-Romanze eben. (Christian Pogatetz) Bewertung: ●●●●○