Es gibt Wendungen im Leben, die sieht man nicht kommen: in einem Moment mag man gefeierter Held sein, im nächsten der Buhmann der Nation. Wie unbarmherzig ein solcher Rollenwechsel vonstattengehen kann, muss Staatsanwalt Rusty Sabvich (Jake Gyllenhaal) am eigenen Leib erfahren. Als eine Arbeitskollegin (Renate Reinsve) leblos aufgefunden wird, gibt er sich anfangs schockiert und aufrichtig betroffen. Die Beweislage zeigt allerdings in eine Richtung, mit der niemand gerechnet hätte: Rusty, der sonst im Gerichtssaal wortgewandt die Unschuld anderer beteuert, wird selbst zum Hauptverdächtigen.

Der zweifache Familienvater, so stellt sich heraus, hatte eine leidenschaftliche Affäre mit der Verstorbenen, die kurz vor der Schreckenstat neu entfacht wurde. Alle Indizien deuten auf „schuldig“, der Strafverteidiger muss plötzlich auf der Anklagebank Platz nehmen.

Gerichtsthriller im neuen, alten Gewand

Die Geschichte, derer sich Drehbuchautor David E. Kelley (Kopf des Serien-Hits „Big Little Lies“) im Apple-Achtteiler „Aus Mangel an Beweisen“ angenommen hat, ist keine neue. Die Miniserie liegt dem gleichnamigen Roman-Thriller von Scott Turow zugrunde; dieser wurde 1990 bereits mit Harrison Ford verfilmt.

Die aktuelle Adaption, die mit Superstar Jake Gyllenhaal (u. a. „Zodiac“, „Donnie Darko“) nicht minder prominent besetzt ist, macht nun einen ähnlich altbackenen Eindruck wie der etwas aus der Zeit gefallene Kinofilm der frühen Neunziger. Hochdramatische Nahaufnahmen zoomen auf das bestürzte Gesicht des Protagonisten, aggressiv wird auf den Tisch geschlagen, mit orchestralem Geklimper sollen künstlich Emotion und Atmosphäre aufkommen.

Dass der Druck aus dem Stresskessel, in den Rusty ohne Vorwarnungen gestoßen wird, trotz pathetischer Inszenierungsmittel auch das Publikum schlottern lässt, ist seinem erstklassigen Darsteller zu verdanken. Jede Facette sitzt: Über sporadische Rückblenden wird die fanatische Liebe zum Mordopfer abgearbeitet, der Gerichtsprozess dient ihm derweil samt aktueller Gattin und Kinder als Familientherapie. Nichts Weltbewegendes, aber allemal fesselnd und famos gespielt.

Bewertung: ●●●○○

„Aus Mangel an Beweisen“ ist auf Apple TV+ zu sehen.