Als Konkurrenten mit gemeinsamen Herausforderungen und unterschiedlichen Sichtweisen gaben die Chefredakteure der drei wichtigsten Medien der Steiermark am Montagabend gemeinsam eine mediale Standortbestimmung ab. Vor einer Rekordkulisse – mehr als 50 Zuhörende aus der steirischen Medienszene waren gekommen – sprachen Hubert Patterer (Kleine Zeitung), Klaus Herrmann („Steirerkrone“) sowie Wolfgang Schaller (ORF Landesstudio Steiermark) auf Einladung des Steirischen Presseclubs im „Clubabend“ über aktuelle Entwicklungen in der Branche.

Wenige Tage nach der Ankündigung des „Kurier“, bis zu 40 der insgesamt 175 Redaktionsmitarbeiter kündigen zu müssen, sehen die Chefredakteure Kleine und „Steirerkrone“ aktuell keinen Handlungsbedarf: Man „mache gute Geschäfte“, sagt Herrmann, der die „Steirerkrone“ als „kerngesund“ bezeichnet. Insgesamt stehe die „Krone“ mit rund 400 Journalistinnen und Journalisten derzeit auf einem Personalhöchststand: „Das wird nicht zu halten sein“, kündigt er perspektivisch an. Auf Erfahrungen mit Mitarbeiterabbau verweist Schaller: In den vergangenen 20 Jahren sei die Zahl der Vollzeitäquivalente im Grazer Landesstudio um 30 Mitarbeiter gesunken. Dass ORF Steiermark durch die Haushaltsabgabe mehr Geld zur Verfügung habe, stellt er in Abrede: Sie bringe Sicherheit, aber nicht mehr Geld. Hubert Patterer verweist auf ein schwieriges erstes Halbjahr 2023 für die Kleine Zeitung mit einem giftigen Cocktail, unter anderem mit hohen Papierpreisen und Schwierigkeiten auf dem Werbemarkt als toxische Ingredienzen. Die zweite Jahreshälfte zeigte dann ein völlig anderes, positives Gesicht mit schwarzen Zahlen.

Die Chefredakteure mit Presseclub-Geschäftsführerin Alexandra Reischl und Presseclub Präsidentin Sigrid Hroch.
Die Chefredakteure mit Presseclub-Geschäftsführerin Alexandra Reischl und Presseclub Präsidentin Sigrid Hroch. © Presseclub/Plankenauer

Kein „Steiermark Heute“ auf TikTok

Einigkeit bestand darüber, dass die wahre Konkurrenz nicht am Tisch saß: Die großen US-Konzerne, die mittlerweile mehr als Hälfte der Werbegelder in Österreich auf sich vereinen, sind für die Medienhäuser übermächtige Gegner. Zugleich ist das Verhältnis ambivalent: Wer mit seinen digitalen Kanälen eine große Reichweite erzielen will, ist von Google oder den sozialen Netzwerken abhängig.

„Mit ‚Steiermark Heute‘ auf TikTok zu gehen, wäre der falsche Weg“, ist Schaller sicher und verrät das Durchschnittsalter der Zuschauerinnen und Zuschauer der Sendung: Dieses liege zwischen 55 und 60 Jahren. Dass dem Format das Publikum ausgehen könnte, glaubt der ORF-Chefredakteur nicht. Regionale Inhalte würden immer nachgefragt, das Podium stimmt Schaller zu.

Enttäuscht von der Medienpolitik

Anders als der Küniglberg-ORF, der seit Jahresbeginn mit Zahlen zur Reichweite der adaptierten „blauen Seite“ orf.at geizt, gab Wolfgang Schaller Einblicke in die Online-Reichweiten des Landesstudios. Der Jänner sei sehr gut gewesen, man liege gleich auf mit dem Vorjahr. Nicht auf eine Diskussion möchte sich Schaller, der 2018 als Chefredakteur von Gerhard Koch (seither Landesdirektor) übernahm, in Bezug auf das neue ORF-Gesetz machen („Das sind die gesetzlichen Vorgaben“). Durchaus Redebedarf sehen seine Mitdiskutanten: Der ORF habe bei der Ausarbeitung des Gesetzes gut verhandelt, im Gegensatz zum Verband der österreichischen Zeitungen (VÖZ), befindet Herrmann, der sich wie Patterer von der Medienpolitik der aktuellen Regierung enttäuscht zeigt.

Auch einen Blick in die Zukunft wagten die drei von Presseclub-Präsidentin Sigrid Hroch befragten Chefredakteure: Künstliche Intelligenz sei in ihren Redaktionen bereits angekommen, sagen sie unisono. Schaller berichtet von positiven Erfahrungen durch die KI-Unterstützung bei der Erstellung von Untertiteln für „Steiermark Heute“. Patterer verweist auf die langfristige Vision, dass künftig die KI eine wichtige Rolle bei der Überführung von Inhalten in Print-Layouts spielen könnte. Einig sind sich die drei, dass die KI keinen Journalismus ersetzen könne, sondern nur unterstützend wirken dürfe.