Erst die Überreaktion auf eine Möchtegern-Satire von Brachial-Komödiant Jan Böhmermann im ZDF. Dann die Entsendung von Interventionsroutinier Peter Westenthaler in den Stiftungsrat des ORF. Die FPÖ hat innerhalb von 24 Stunden ihr Verhältnis-Spektrum zu öffentlich-rechtlichen Medien ausgeleuchtet.

Herbert Kickl ist in eine weithin sichtbare Comedy-Falle getappt, indem er sich und die Seinen offiziell als „Nazis“ angesprochen fühlte. Das war vom Absender zwar so gedacht, wurde aber erst durch das Echo des Parteichefs explizit: „Ruft Böhmermann zur Tötung von AfD- und FPÖ-Politikern auf?“ Die umgehende Neu-Nominierung für die hiesige Öffi-Rundfunkaufsicht wirkt auch als Drohung, allfällig Ähnliches hierzulande radikal abzustellen.

Für Interventionen berüchtigt

Westenthaler war schon vor einem Vierteljahrhundert als ORF-Kurator berüchtigt für Interventionen. Nun verdingt er sich als politischer Kommentator beim schrillen Boulevard-Kanal oe24. Dem Publikum dort kündigte er prompt an, von Sitzungen des Stiftungsrats zu berichten. Sie unterliegen aber der Geheimhaltungspflicht. Gesetzesbruch mit Ansage? SPÖ-Mediensprecherin Muna Duzdar verlangt von ÖVP-Ministerin Susanne Raab eine Prüfung möglicher Unvereinbarkeiten.

Westenthaler wird trotzdem ins Kontrollgremium auf dem Küniglberg zurückkehren. Er verkörpert die medienpolitische Ansage der FPÖ, den ORF an die Kandare zu nehmen, wenn nicht gar zu vernichten. Gegen ihn war Ex-Vizekanzler Norbert Steger als verhaltensauffälliger blauer Stiftungsratsvorsitzender von 2018 bis 2022 geradezu ein Faserschmeichler. Westenthaler kann dort zwar abstimmungsmäßig wenig ausrichten, aber in seiner Rolle die ohnehin schon bedenkliche öffentliche Stimmung gegen den ORF noch mehr vergiften.

Demokratiepolitisch verheerend

Exakt das ist die Absicht der FPÖ, während sie sich zusehends über eigene Propaganda-Kanäle vermittelt und kritischer journalistischer Befragung entzieht. Kein anderer Parteichef verweigert so viele Interview-Wünsche wie Kickl. Besondere Infamie: In der Selbstdarstellung ist die FPÖ ein Opfer, das zu wenig berücksichtigt wird.

Medienvertrauen zerstören um jeden Preis: Diese Strategie startet mit dem trimedialen (TV, Radio, Online) Marktführer ORF und den staatlichen Zugriffsmöglichkeiten auf ihn. Sie stoppt aber nicht vor privaten Medienhäusern, die zusehends in Abhängigkeit von Förderung geraten. Gegen solche demokratiepolitisch verheerenden Attacken müssen sich alle ernst zu nehmenden Nachrichtenmedien in ein Boot setzen. Wer nicht mitrudert, disqualifiziert seine journalistische Verfassung.

Peter Plaikner ist Politikanalyst und Medienberater