Von fehlenden Diskursen und Gesprächskultur ist dieser Tage ja viel die Rede und man kann nicht behaupten, dass es im TV einen Mangel an Gesprächsformaten gibt. Und ebenso kann man nicht behaupten, dass die Zuschauenden aus vielen dieser Runden auch nur ein kleines bisschen gescheiter daraus hervorgehen. Hätte man theoretisch die Möglichkeit vor Ort Einspruch zu erheben, dann würde man ohnehin nicht zu Wort kommen – weil erstens, viele wirr durcheinanderreden und das hat zweitens damit zu tun, dass das Sendungsbewusstsein in den politischen Talkformaten gerne Überhand nimmt. Mittlerweile gibt es ja fast so etwas wie einen Talktourismus, wo es vor allem darum geht, sich selbst als Marke zu promoten, ganz egal, ob man vom Thema eine Ahnung hat. Meinungsmache oder profunde Einschätzung? Das ist nicht immer ganz klar.

„Die Runde“ mit Armin Wolf

Am Donnerstag hat der ORF recht kurzfristig ein neues Polit-Talk-Format angekündigt: „Die Runde“ soll künftig die Runde des Sonntagvormittag-Talks erweitern. „ZIB 2“-Moderator Armin Wolf hatte heute Politikwissenschafter Thomas Hofer, die Journalistinnen Corinna Milborn und Cathrin Kahlweit und Journalist Michael Fleischhacker zur Premiere geladen. Bekanntlich sind Polit-Talks im ORF eher die Ausnahme, den die Regel, während bei der privaten Konkurrenz die Anzahl der Sendungen erhöht wurde: Eines vorweg: Das Rad wurde nicht neu erfunden, aber man ist trotzdem ein gutes Stück mitgefahren. Thematisch hat sich das omnipräsente „Superwahl“ wohl aufgedrängt. Apropos omnipräsent: Herbert Kickl saß weniger am Tandem, sondern lag mehr auf der Analysecouch – in sachlich-unaufgeregter Manier hat sich die Diskussionsrunde den Themen genähert, die am Tisch lagen. Ein Hauch von Himmel und Hölle machte sich nur bei den Koalitionsspekulationen breit: Da wurde einem ob der vielen „Wenn, dann“-Spekulationen leicht schummrig. Gelernt hat man trotzdem was: Einer wird gewinnen, aber zumindest zwei wollen bei der nächsten Wahl unbedingt Zweiter werden. Versteh einer die Mathematik. Und noch was hat man gelernt: Christian Kern war das New Kid on the Block. Und wenn Sie in der Wüste sind, wundern Sie sich nicht, wenn plötzlich ein Löwe dahersteigt – laufen Sie einfach!

Die Diskussion zum Nachschauen

Und überhaupt kann Polit-Talk herrlich unaufgeregt sein, wenn man sich mehr dem Thema, statt sich selbst widmet. Dass die Diskussion nicht im Meinungsüberfluss versandete, war nicht zuletzt auch Polit-Berater Thomas Hofer zu verdanken, der das anlieferte, was im politischen Diskurs bisweilen zum Dogma erhoben wird: „Es wird immer Fakten-befreiter. Wir verlieren die Zahlen-Daten-Faktenbasis, auf der wir diskutieren.“ Das mag alles nicht neu sein, aber Totschweigen ist bekanntlich gefährlich. Umso besser, wenn man darüber redet.