Die Stimmung, sie ist fast greifbar, oder vielmehr weckt sie in uns Erinnerungen an den frühen Sommer: Die Mohnblüte ist auf dem Höhepunkt, die heiße Jahreszeit schickt erste Hitzegrüße, das Licht ist gleißend. Fast ist es so, als würde man die Grillen zirpen hören. Die Natur einfangen, ja, aber vielmehr ist es eben die Stimmung, die die VertreterInnen des Stimmungsimpressionismus auf ihre Leinwand zu bannen versuchen. Oft so gut, dass man sich weit über 100 Jahre später mit nur einem Blick in diese Szenarien einfühlen kann.
Marie Egner (1850–1940) ist wohl eine der bekanntesten Vertreterinnen des österreichischen Stimmungsimpressionismus. „Sie leistete einen bedeutenden Beitrag“, erklärt Gudrun Danzer, die Kuratorin der Ausstellung „Ladies First!“, die Einblicke in weibliches Kunstschaffen in der Steiermark von 1850 bis 1950 gibt. Die in Bad Radkersburg geborene Egner hat hier eine Sonderstellung inne, ergänzt Danzer: „In unserer Ausstellung ist sie eine der frühesten Künstlerinnen, die Karriere machen konnte – allerdings unter Verzicht auf ein Familienleben.“
Besuch der Landeszeichnungsakademie in Graz, Studium der Ölmalerei an der Kunstakademie in Düsseldorf, aber prägend wird für sie der Privatunterricht bei Emil Jakob Schindler. Er setzt in Österreich den Goldstandard beim Stimmungsimpressionismus. Die Steirerin wird für ihre Liebe zur Freilandmalerei auch zur Vielreisenden: von Italien nach Dalmatien, Frankreich oder auch Griechenland. Das Talent der Freischaffenden wird schnell erkannt: 1896 erwirbt Kaiser Franz Joseph I. eines ihrer Bilder. Das Interesse an ihrer Kunst hat nicht abgenommen, im Gegenteil: Ihre Werke erzielen bei Auktionen immer wieder Höchstpreise.