Die Ausstellung "Alle Rembrandts" ist eine Hommage an den Maler, der vor 350 Jahren in Amsterdam starb. Er sei ein Ausnahmekünstler und Rebell der Kunst, sagte der Direktor des Reichsmuseums, Taco Dibbits, am Mittwoch. "Bei Rembrandt geht es nicht um Schönheit, sondern um die raue Wirklichkeit", so Dibbits.

Das Reichsmuseum verfügt über die größte Rembrandt-Sammlung der Welt. Zu sehen sind bis zum Juni insgesamt 22 Gemälde, 60 Zeichnungen und 300 Drucke. Spitzenstücke sind "Die jüdische Braut", die Doppelporträts "Marten und Oopjen" sowie "Die Tuchmacher". Außerdem sind außergewöhnliche Zeichnungen aus Rembrandts früher Periode ausgestellt. Vor allem die oft sehr kleinen Zeichnungen und Stiche sind so lichtempfindlich, dass sie nur sehr selten gezeigt werden.

Rembrandts berühmtestes Gemälde "Die Nachtwache" hängt ebenfalls im Reichsmuseum. Die Ausstellung zeigt, wie sehr das persönliche Leben des Malers mit seiner künstlerischen Entwicklung verbunden ist. Sowohl in der Auswahl seiner Themen als auch mit seiner Technik folgte er nicht den damals herrschenden Konventionen in der Kunst. So malte er nicht nur Porträts für reiche Auftraggeber, sondern zeichnete auch seine Familie, Freunde sowie Szenen aus dem Alltag.

"Von Rembrandt kann man eben nie genug bekommen", spottete der Direktor für Malerei des Museums, Gregor Weber. "Er berührt uns, er erzählt menschliche Geschichten, er ist einer von uns." Die zahlreichen Werke werden in einem intimen Rahmen präsentiert. Die kleinen Zeichnungen, flüchtigen Skizzen und detaillierten Drucke hängen in wundervoll ausgeleuchteten dunklen Räumen. Und dazwischen - sehr sparsam platziert - die großen, berühmten Gemälde.

Die Ausstellung zeigt auch, wie sehr das persönliche Leben des Malers mit seiner Kunst verknüpft ist. "Rembrandt war Beobachter und Geschichtenerzähler", sagt Konservator Erik Hinterding. Zunächst beobachtete er vor allem sich selbst. Man sieht 1628 einen leicht pausbäckigen jungen Mann mit wirrem Haar, die wachen Augen liegen im Schatten. Am Ende seines Lebens hängen diese Augen über dicken Tränensäcken in einem leicht aufgedunsenen Gesicht. Rembrandt als melancholischer Apostel Paulus (1661).

Unendlich viele "Selfies"

Dazwischen entstanden fast unendlich "viele Selfies", wie der Konservator witzelt. Mal streng, mal lachend, Fratzen schneidend - Rembrandt übte. Auch seine Eltern standen Modell. Aber der Maler ging auch auf die Straße, zeichnete Bettler, Gaukler, Kaufleute. Er war auch ein Chronist seiner Zeit, sagt Hinterding. "Schnappschüsse wie heute auf Instagram." Das große Geld und der Ruhm kamen durch die Aufträge der Reichen und Mächtigen. Rembrandt porträtierte sie meisterhaft. Selbst bei Gruppen wie "Die Nachtwache" stellte er jeden einzelnen als Individuum dar. Zusätzlich schuf er Dramatik mit Licht und Schatten und Vorder- und Hintergrund. Doch dafür konnte, zum Leidwesen mancher Auftraggeber, eben nicht jeder prominent in der ersten Reihe stehen.

Rembrandt malte wie besessen - immer wieder Saskia, seine erste Frau und große Liebe, und den gemeinsamen Sohn Titus. Schönheit interessierte den Maler nicht, sondern die Wirklichkeit. Gerade das Unvollkommene faszinierte ihn, Spuren in Gesichtern und auf Körpern. Malte er eine nackte junge Frau, dann zeigte er auch noch die Abdrücke ihrer Strümpfe an den Waden. "Er suchte die Schönheit im Hässlichen", sagt Dibbits."In den Dellen der Schenkel sah er das Spiel von Licht und Schatten."

Revolutionäre Technik

Und schließlich war Rembrandt ein genialer Geschichtenerzähler, vorwiegend aus der Bibel. Doch immer stand das Menschliche im Vordergrund. Zum Beispiel bei der "Verleugnung des Petrus" die Mischung aus Scham und Entsetzen, als der Apostel merkt, dass er tatsächlich Jesus verleugnet hat. Auch mit seiner Technik war Rembrandt revolutionär. Er hielt sich an keine Regel, keine Konvention. Erst setzte er noch feine Pinselstriche. Später griff er zum breiten Palettmesser und brachte damit die Farbe direkt auf die Leinwand, grob und expressiv. Er kratzte noch mit der Rückseite des Pinsels in die Farbe. Ausgerechnet bei dem so intimen Porträt der "Jüdischen Braut" sind die Farbbrocken so dick, dass man meint, sie könnten abbrechen.

"Rembrandt ist ein Rebell", sagt Direktor Dibbits. Dafür zahlte er einen hohen Preis. Er starb völlig mittellos, und seine Kunst ist längst aus der Mode: Zu dunkel, zu realistisch, zu hässlich. Kurz: Nicht sehr erhebend. Doch Kompromisse hätte der eigensinnige und rebellische Meister nie gemacht. Die Niederlande feiern 2019 als Rembrandtjahr. Mit zahlreichen Ausstellungen, Büchern und Festivals erinnern sie an den 350. Todestag des Malers und die damalige kulturelle und wirtschaftliche Blüte des Landes, das Goldene Zeitalter.

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