Es ist eine Biennale, die vor Optimismus sprüht, die eine bessere Welt zu erbauen oder zumindest zu erdichten entschlossen ist, und die Architektur als "Kultur der Humanität" begreift. Shelley McNamara und Yvonne Farrell, die beiden Kuratorinnen der diesjährigen Architekturbiennale Venedig, haben in den Arsenale und im Hauptpavillon eine dichte Sammlung von Best Practice-Beispielen eingerichtet.

"Freespace" heißt die Schau - aber es ist kein Geheimnis, wofür dieser Freiraum genutzt werden soll: Da ist immer wieder von Großzügigkeit die Rede, vom Bessermachen für alle, von Trost und Hoffnung. Es ist vielleicht die Eingangshalle des zentralen Pavillons in den Giardini, die paradigmatisch ist für die Ausstellung - oder der hinterste Winkel der Arsenale. Am einen Ende hat das britische Architekturkollektiv Assemble, bekannt für seine partizipativen und revitalisierenden Projekte mit Communities, einen Fliesenboden verlegt. Jede einzelne handgemacht, schlicht und doch kreativ, aus der Factory eines ihrer Wohn- und Arbeitsprojekte: Das hochästhetische Ergebnis wohltätigen Handelns. Am anderen Ende haben die vietnamesischen VTN Architects aus der festen Überzeugung, dass Bäume dem menschlichen Gemüt guttun, eine eindrucksvolle Holz-Pergola mit gemütlichen Sitzgelegenheiten als Treff- und Entschleunigungspunkt errichtet.

Fernöstliche Baupoesie und das funktionsfreie Sichtbarmachen von schlichten Raumideen sind ein ebenso wesentliches Element der Ausstellung, wie die Huldigung an konkrete Projekte. Sozial und ökologisch nachhaltige Initiativen stehen im Zentrum, denen lustvoller Ausstellungscharakter durch liebevolles Design zugebilligt wird: Die Star Apartments für benachteiligte Familien in Los Angeles, die multimedial, mit lebensechten Miniaturen und riesigen Stadtplänen im Zentralpavillon erstehen, eine Schule von Case Design in Indien, deren einzigartige Atmosphäre nicht nur durch Renderings, Screens und Modelle, sondern auch durch Gewürzschränke, Webstühle und Vitrinen in die Arsenale transportiert wird.

Ein japanischer Kindergarten von Tezuka Architects, dessen Modell von einer ziselierten Videoprojektion aus der Vogelperspektive und von Kinderlachen bespielt wird - ein Gebäude ohne Schranken, das "die unbegrenzte Energie von Kindern" feiert. Das finnische Tila House der Talli Architects, in dem die Bewohner in Do-it-yourself-Projekten selbst zu den Gestaltern ihrer Wohnungen werden. Oder der 750 Kilometer lange Wanderweg durch Armenien, der von Gumuchdjian Architects als zehn Jahre dauerndes Projekt gemeinsam mit den lokal ansässigen Communities entwickelt und als "lineares Festival" für nachhaltigen Tourismus begriffen wird.

Auf ihr Manifest, indem McNamara und Farrell die Prinzipien ihrer Biennale und ihres optimistischen, humanitären Architekturbegriffs darlegen, haben die beiden Kuratorinnen, die gemeinsam die "Grafton Architects" bilden, allerdings auch sehr abstrakte Antworten erhalten - insbesondere von den Meistern ihres Fachs, wie sie gegen Ende der Arsenale-Schau versammelt werden: Portugals Grand Seigneur Alvaro Siza schickte eine schlichte Skulptur, ein leicht versetztes Rund aus einer gebogenen weißen Mauer und einer gegenüberliegenden, gebogenen weißen Sitzbank, eine stumme räumliche Umarmung. Japans Visionär Toyo Ito kreierte einen Entspannungsraum inmitten eines fließenden Projektionsvorhangs, den er als "frei vom Ego des Architekten" bezeichnet.

Seine Landsleute Kazuyo Sejima und Ryue Nishizawa entwerfen ihren "Freespace" als unendliche Spirale aus durchsichtigen Wänden, der Italiener Riccardo Blumer hat eine Maschine gebaut, die hauchdünne, transparente Wände entstehen und wieder verschwinden lässt und der Schweizer Valerio Oligati betont den Freiraum in den Arsenale ex negativo - indem er zwischen die historischen Säulen zahlreiche weitere Säulen gesetzt hat. Zum Handanlegen lädt Niall McLaughlin gleich beim Eintritt in die Arsenale mit einem drehbaren Holztisch, auf dem sich durch die Drehung zur Lichtquelle nachvollziehen lässt, wie der unterschiedliche Einfall von Sonne und Mond zu den "freien Geschenken der Natur" zählt, mit denen Architektur als eigentliches Material zu arbeiten hat.

Dass aber auch konventionellere Ausstellungsformate wie Modelle, Filme, Zeichnungen nicht notwendigerweise in eine dröge Kopfgeburt münden müssen, beweist man im zentralen Pavillon mit einer Reihe von vorgestellten Projekten - darunter auch die Spezialsektion "Close Encounter", für die das Kuratorinnenduo 16 Architekten gebeten hat, sich mit jeweils einem historischen Bauwerk auseinanderzusetzen, um diese als Inspirationsquelle lebendig zu halten. Darüber thront auf einer Zwischenebene eine umfassende österreichische Leihgabe: Aus dem Kunsthaus Bregenz stammt die Sammlung von Modellen des Schweizer Architektenfürsten und Pritzker-Preisträgers Peter Zumthor.

Die 16. Ausgabe der Architekturbiennale versammelt in der zentralen Ausstellung 71 Positionen aus aller Welt sowie in den Länderpavillons in Giardini und Arsenale 65 nationale Präsentationen. 13 Rahmenprojekte erstrecken sich außerdem über die ganze Lagunenstadt. Nach der Eröffnung am kommenden Samstag, bei der auch die Verleihung der Goldenen Löwen für die besten Beiträge, sowie für das Lebenswerk an Kenneth Frampton stattfindet, ist sie für Besucher bis zum 25. November geöffnet.

16. Architekturbiennale Venedig, von 26. Mai bis 25. November, www.labiennale.org