Es war wohl nur eine Frage der Zeit: Es gibt nur sehr wenige Persönlichkeiten, auf die das Ausstellungsserien-Motto "WeltenbürgerInnen" des Grazmuseums so zutrifft, wie auf die 1923 in Graz geborene Magnum-Fotografin Inge Morath. Mit der vom Fotografen und Galeristen Kurt Kaindl liebevoll zusammengestellten Schau "Portraits", die am Montag eröffnet wurde, ist es nun soweit.
Zu sehen sind in der kompakten, aber exzellent kuratierten Schau zahlreiche Fotoporträts von berühmten und weniger berühmten Persönlichkeiten aus der österreichischen, europäischen und US-amerikanischen Kunst- und Kulturwelt des 20. Jahrhunderts. Dazu zählen sehr bekannte Aufnahmen wie jenes Foto, das Marilyn Monroe in sich versunken beim Üben von Tanzschritten für eine Szene im Hollywood-Streifen "Misfits" zeigt. Ein anderes Beispiel ist das im Klassikerstil inszenierte, vermutlich einzige Fotoporträt von Lola Ruiz Vilato, der Schwester von Pablo Picasso.
Im zweiten Ausstellungsraum präsentiert der in Salzburg lebende und arbeitende Kaindl, gleichsam als Kontrapunkt zu Moraths Arbeiten "indirekte Porträts" der Fotografin in Form von Quasi-Stillleben, die das Arbeitsmilieu Moraths im gemeinsamen Haus des Ehepaares Morath-Miller in Roxbury (US-Bundesstaat Connecticut) bei New York zeigen. Inge Morath war lange Jahre mit dem US-Schriftsteller Arthur Miller verheiratet.
Auf ersten Blick wenig spektakulär, belohnen diese - zum Großteil erstmals ausgestellten - Aufnahmen ein genaueres Hinsehen. So tauchen etwa die gleichen Porträt-Aufnahmen an den Wänden der Räumlichkeiten auf, die im ersten Teil der Ausstellung in Graz zu sehen sind. Auch andere Details fallen beim Inspizieren der Atelier-Fotos auf: Eine Bruno-Giacometti-Skulptur auf dem Kaminsims hier, ein mit einem steirischen Panther bestickter Polster dort.
Kaindl, der gemeinsam mit seiner Frau Brigitte im letzten Lebensjahrzehnt von Inge Morath mit ihr und Arthur Miller eine Freundschaft gepflegt und mehrere Morath-Fotobücher veröffentlicht hat sowie Ausstellungen ihrer Werke organisierte, gelingt es, dem Besucher mühelos Moraths schier untrügliches Gespür für den "richtigen Augenblick" eines Fotos nahezubringen. "Sie hat bei keinem Termin einen ganzen Film verschossen", erklärte Kaindl.
Als kleines Extra werden in einer Vitrine noch ein paar Schlüsselthemen aus Moraths Leben beleuchtet, so etwa ihre Erlebnisse als junger Flüchtling am Ende des Zweiten Weltkriegs sowie ihre journalistische Aufarbeitung des Themas oder ihren Anfänge als Fotografin bei einem Aufenthalt in Venedig. Zu sehen ist die Ausstellung noch bis 28. August im zweiten Stock des Grazmuseums.