Die Eulen kehren zurück aus Athen - die documenta eröffnet in knapp einer Woche zusätzlich zu ihrem griechischen Gastspiel wieder am angestammten Ort in Kassel. Die alle fünf Jahre stattfindende Ausstellung gilt als weltweit bedeutendste Schau für zeitgenössische Kunst. Mehr als 160 Künstler sind mit ihren Arbeiten bei der documenta 14 vertreten, darunter auch zumindest drei Österreicher.

Ab Mittwoch (7. Juni) dürfen sich Fachbesucher ein Bild machen. Am Samstag darauf (10. Juni) folgt die offizielle Eröffnung mit dem deutschen Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier. Bis 17. September werden bis zu eine Million Besucher erwartet - so viele wie nie zuvor. Denn zum ersten Mal findet die documenta nicht ausschließlich in Kassel statt, sondern gleichberechtigt auch in Athen. Dort wurde der erste Teil der Doppel-Schau bereits im April eröffnet. Die beiden Ausstellungen überschneiden sich um fünf Wochen. Insgesamt dauert das "Museum der 100 Tage" damit 163 Tage.

Unter dem Motto "Von Athen lernen" wollte Adam Szymczyk, der künstlerische Leiter der documenta 14, die Weltkunstschau über Kassel hinausführen. "Kulturelle Produktion sollte das Eigentum von jedermann sein. Die documenta gehört vielen Menschen jenseits der nationalen Grenzen", erklärte er im dpa-Interview sein Konzept.

Mehr als 160 Künstler hat Szymczyk zur documenta eingeladen. Die meisten haben zwei Werke für die beiden Standorte geschaffen, die sich mal mehr, mal weniger aufeinander beziehen. Nur wenige Objekte ziehen von Athen nach Kassel um. Einige Arbeiten bestehen sogar im Zurücklegen der Strecke zwischen beiden Städten. So sind vier Reiter derzeit zu Pferd quer durch Europa unterwegs.

Aus Österreich waren in Athen die bereits früher bei der documenta vertretenen Künstler Lois Weinberger und Peter Friedl dabei, außerdem die bereits in der NS-Zeit als Kind nach Südamerika emigrierte Elisabeth Wild - die gemeinsam mit ihrer Tochter, der Künstlerin Vivian Suter eingeladen wurde. Die tatsächliche Künstlerliste für Kassel wird traditionsgemäß erst am ersten Preview-Tag veröffentlicht.

Nach Angaben der Geschäftsführung standen für die documenta 14 - zusammengerechnet für fünf Jahre - rund 34 Millionen Euro zur Verfügung. Die Hälfte ist vorab finanziert vom Land Hessen, der Stadt Kassel und der Kulturstiftung des Bundes. 17 Millionen Euro muss die documenta selbst erwirtschaften.

Personell fühlen sich die Organisatoren gut gerüstet: 166 Begleiter, "Choristen" genannt, stehen bereit, um die Gäste durch die Stadt zu begleiten. Das öffentliche Interesse ist enorm: Die Organisatoren zählten 3.500 Akkreditierungsanfragen von Journalisten, 25.000 Tickets wurden für Kassel bereits verkauft.

Die Gastronomie bereitet sich auf den Ansturm vor: Auf einem Parkdeck nahe der Innenstadt entsteht ein Biergarten, im Garten des historischen Palais Bellevue ist ebenfalls eine Außengastronomie geplant. Die Hotels der Innenstadt sind für die ersten Wochen der Ausstellung bereits so gut wie ausgebucht, die Preise für Zimmer laut der städtischen Marketinggesellschaft um 20 Prozent gestiegen.

Kassel und die documenta sind eng verbunden: Seit der ersten Ausstellung 1955 wurde die Kunstschau immer in der nordhessischen Stadt ausgerichtet. Jede documenta hinterlässt zudem Spuren im Stadtbild: Beliebte Kunstwerke werden mit Spenden angekauft und bleiben in Kassel. 2012 war das beispielsweise der Penone-Baum, eine Bronzeskulptur, die einen blattlosen Baum darstellt.

Die 200.000-Einwohner-Stadt Kassel hat in den vergangenen Jahren einen fundamentalen Wandel durchgemacht: vom Sorgenkind in Hessen zu einem Musterknaben. Ein Städteranking der arbeitgebernahen Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft und der "Wirtschaftswoche" erklärten Kassel 2011 zur "dynamischsten Großstadt". Die Arbeitslosigkeit hat sich seit 2005 auf 8,5 Prozent halbiert. Kassel verließ als eine der ersten Kommunen in Hessen den Finanz-Schutzschirm des Landes, nachdem sie mehr als 260 Millionen Euro Schulden los wurde und drei ausgeglichene Haushalte in Folge vorgelegt hatte.

Auch kulturell läuft es gut für die Nordhessen: Der Bergpark Wilhelmshöhe bekam den Titel Unesco-Welterbe. Die Tourismuszahlen in Kassel steigen, in diesem Jahr rechnet die Stadt damit, bei Übernachtungen die Marke von einer Million zu knacken. Mit der Grimmwelt, einem Museum über die Brüder Grimm und ihre Märchen, hat die Stadt seit 2015 eine weitere Attraktion.

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