Ursprünglich wollte Anouk Tschanz ein Sonnenblumenfeld fotografieren. Wir kennen sie alle, die Bilder in sattem Gelb, die in uns auf Knopfdruck das Gefühl von Hochsommer auslösen. Eine gelbe Fläche, in der das Individuum, die einzelne Pflanze, förmlich zu ertrinken scheint. Doch Tschanz interessiert sich nicht für die Stimmungsbilder, in denen sich auch noch die Klischees rund um die Sonnenblume manifestieren. „Ich habe die Blüte erst bemerkt, als ich sie in Schwarz-Weiß gesehen habe“, erklärt die Schweizerin. In der Serie „Sonnenblumen“ (2023) holt sie einzelne Pflanzen ins neutrale Studio. Dadurch werden die individuellen Strukturen der Blumen bis ins kleinste Detail sichtbar – die Strukturen der Blütenblätter, Wuchsformen oder auch Farbverläufe, die sich in Form von Hell-Dunkel-Abstufungen von innen nach außen ziehen.

Ebenso wichtig ist ihr der Prozess der Entwicklung, die Fertigung in der Dunkelkammer, wo man aktiv in die Fotografien eingreifen kann. Der Titel der Ausstellung „Actinism“ (dt. „Aktinität“) ist hier Programm: Der Begriff bemisst die fotochemische Wirksamkeit von Lichtstrahlung auf fotosensitive Oberflächen.

Doch beim 2019 gestarteten Projekt „Blätter“ hat sich ihr Fokus über das fotografische Handwerk hinaus auch auf die Natur selbst gerichtet. „Es sind fotografische Analysen von Oberflächen“, erläutert Kuratorin Anna Voswinckel, „fast wie Pflanzenporträts – in den Blättern liegt ja auch die Pflanzenintelligenz.“ Man kann hier ein intensives Studium der Strukturen betreiben, die sich unter dem Einfluss von Licht, Witterung und Wasser in immer neuen kaleidoskopartigen Ausprägungen verdichten. Noch bis Ende des Monats sind im Kunsthaus-Foyer Teile des Zeichnungs-Zyklus „LOOPY LOONIES“ von Stadtschreiberin Andrea Scrima zu sehen. Susanne Rakowitz

Anouk Tschanz, Sonnenblume, 2023.
Anouk Tschanz, Sonnenblume, 2023. © Anouk Tschanz

Anouk Tschanz. Actinism, bis 18. August. Lendkai 1. 8020 Graz. camera-austria.at