„Das Wort ist mein Instrument“, sagte Michael Tschida. Und dieses Wort beherrscht der langjährige Redakteur der Kleinen Zeitung, der seit einem Jahr die Sonntagsbeilage verantwortet, nicht nur als Journalist, sondern auch als Lyriker: Am Donnerstagabend ging der mit 5000 Euro dotierte Kärntner Lyrikpreis der Klagenfurter Stadtwerke an den in Graz lebenden Villacher, der mit der Lesung von zwei Gedichten bewies, dass er das „Ballett der Sprache“ (so Moderator Harald Raffer) im wahrsten Sinn des Wortes ausgezeichnet beherrscht. Dass er aber auch in der Musik zuhause ist, hat der Gründer und langjährige künstlerische Leiter des Vokalfestivals „Orfeo“ dann zu späterer Stunde bewiesen, als er mit einigen zur Preisverleihung angereisten Gratulanten aus seiner Chorzeit Lieder anstimmte.
Zwei Gedichte von Michael Tschida
abschiedsuhren
ganz klein
kein glanz
letzter tanz
die unruh walzert
den dreivierteltraum
der anker greift raum
das zifferblatt fällt
vom sekundenbaum
ein kauz flattert auf
die rinde pocht harz
der wipfel schattiert noch
die viertelvorfünfuhrsonne
zeit tagt vorbei
der zeiger zittert
leben verwittert
die uhren
weinen die stunden hin
werkzeugmachersohn
worte dengeln
bis zum wettschliff
dann die silben hineinschneiden
ins bauchfell der sprache
gedanken schweißen
in die stirnnaht des schädels
bis metallen es schmeckt
auf damaszenerner zunge
ideen fräsen
hin zum vorschub des marks
bis der knochen zerspant
in die schwalbenschwanznuten
erinnerung stanzen
bis die hände verschwielen
und die hornhäute bluten
und die zinkseele schabt
kam damals einer heim
roch nach blauweißem moped
nach montur und nach müdsein
nach ds50zylinder
kam damals einer heim
roch nach drehbank
nach werkzeug nach öl
und nach vater
Weitere Preise
Aber es wurden auch zahlreiche weitere Preise vergeben. Auf den Plätzen hinter Michael Tschida folgten die Schauspielerin und Englischtrainerin Verena Schumanski (1500 Euro) sowie der Feistritzer Stefan Feinig (800 Euro). Der mit 3000 Euro dotierte Kulturpreis des Landes Kärnten ging an die in Kötschach-Mauthen aufgewachsene Autorin Andrea Drumbl, der Preis der Landeshauptstadt Klagenfurt (1500 Euro) an die in Sarajevo geborene und in Kärnten aufgewachsene Hörspiel-Autorin und Lyrikerin Manuela Tomic, die heuer unter dem Titel „Zehnfingermärchen“ (Wieser-Verlag) lyrische Prosaminiaturen veröffentlicht hat.
Die in Graz lebende Kärntnerin Rezka Kanzian erhielt den Preis des slowenischen Kulturverbands (500 Euro), die Klagenfurterin Barbara Pachler die Prämie der PosterService GmbH und der aus Irschen stammende Autor Siegfried Gehlhausen den Preis der KEG. Über den Preis des PEN-Clubs Austria konnte sich der Klagenfurter Literaturwissenschaftler Dominik Srienc freuen, der Preis des Drava-Verlags ging an die Ebenthalerin Katharina Kaufmann.
Insgesamt haben heuer rund 120 Autorinnen und Autoren ihre Gedichte in slowenischer und deutscher Sprache eingereicht, die anonymisiert von der Jury unter Vorsitz von Günter Schmidauer gesichtet wurden. Insgesamt wurden zehn Geldpreise (Gesamtwert rund 15.000 Euro) sowie fünf Anerkennungspreise vergeben. Musikalisch umrahmt wurde die stimmungsvolle Preisverleihung vom jungen Duo „Appassionato“ (Samuele Ogris und David Pechmann).