Neben Ella Fitzgerald und Billy Holiday vergisst man leicht die in den 1940er und 1950er Jahren dritte im Bunde der großen farbigen Jazzsängerinnen: Sarah Vaughan. Zwischen die beiden emotionalen Gegenpolen der fröhlich wild im Scat-Singing improvisierenden Ella und der tief stimmungsvoll in ihrem Elend heulenden Billie Holiday war es gar nicht so einfach, seine Position zu beziehen. Vielleicht wollte sich Sarah Vaughan deshalb zu Lebzeiten gar nicht als Jazz-Sängerin festlegen lassen. Dabei hatte sie das Glück, gleich am Beginn ihrer Karriere mit den Größen des den klassischen Swing aufbrechenden Bebop zu singen, davon melodische, harmonische und rhythmische Elemente zu übernehmen. Zusammen mit ihrem gigantischen Stimmumfang und ihrem unvergleichlichen, in der Tiefe rauchigen Timbre ergab das eine unwiderstehliche Mischung.

Im März hätte die im April 1990 Verstorbene ihren 100. Geburtstag gefeiert, weswegen ihr vielerorts in Konzerten gehuldigt wird. Ganz wenige schaffen es, in Sarah Vaughans große Fußstapfen zu treten und dabei auch noch so etwas wie eine eigene Interpretation zu versuchen. In vorderster Reihe steht da zweifellos die grandiose Grammy-ausgezeichnete Samara Joy. Den Opener ihres vorletzten Albums „Linger Awhile“, nämlich „Can’t Get You Out Of This Mood”, haben sowohl Sarah Vaughan als auch vergangenen Samstag die gebürtige Schottin Fiona Fergusson (ein Fan beider Genannten) beim Konzert in den Kammerlichtspielen gesungen. In einfach gehaltenen Arrangements mit Philipp Zarfl am Bass, Klemens Marktl an den Drums, Marko Churnchez am Piano und Michi Erian am Tenorsax arbeitete sie sich – zuletzt noch unterstützt von ihrer Tochter – draufgängerisch durch Teile des Repertoires von Sarah Vaughan.